Die Braut des Satans

Die Braut des Satans

Von Matthias Künnecke

Viele Fans klassischer britischer Horrorfilme bekreuzigen sich, wenn der Titel des letzten Gruslers aus dem Hause Hammer Films fällt: DIE BRAUT DES SATANS gilt gemeinhin als Schwanengesang einer einstmals nahezu unfehlbaren Firma, die 1976 aufgrund interner Probleme, des kriselnden englischen Filmmarktes und eines sich wandelnden Publikumsgeschmacks schwer ins Straucheln geraten war. Ob der Film tatsächlich so schlecht wie der ihm vorauseilende Ruf ist, kann man jetzt anhand einer hervorragend gemachten Bluray-Edition aus dem Hause Anolis selbst entscheiden.

Cover SATANSFrankenstein, Dracula, die Mumie, all diese von Hammer aus Universals Gruselkiste gezogenen und wiederbelebten Monster und Bösewichte waren in den Siebziger Jahren längst schon wieder aus der Mode und jagten im Vergleich zu den realistischeren Schrecken aus Filmen wie THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974) oder DER WEISSE HAI (1975) kaum noch jemandem Angst ein. Ein Dilemma für das britische Studio, das nur bedingt erfolgreich versucht hatte, seine traditionellen Stoffe zu modernisieren, z.B. indem es Dracula Mini-Mädchen jagen oder seine Vampire Kung-Fu kämpfen ließ.

Allerdings lag auch DER EXORZIST (1973) noch nicht lange zurück und hatte weltweit Kasse und bleibenden Eindruck gemacht. Wie immer hatten die Italiener als Erste reagiert und blitzschnell Imitate wie VOM SATAN GEZEUGT (1974) oder L’OSSESSA – DAS OMEN DES BÖSEN (1974) auf den Markt gebracht. Die etablierten anglo-amerikanischen Studios brauchten etwas länger um auf den Trend zu reagieren, Mitte der Siebziger waren bei 20th Century Fox Richard Donners DAS OMEN und bei Universal Pictures Michael Winners HEXENSABBAT noch in der Produktion.

Die Buchvorlage zu DIE BRAUT DES SATANS stammt vom erfolgreichen britischen Vielschreiber Dennis Wheatley (1897-1977), der vor allen Dingen mit Thrillern und okkulten Stoffen reüssierte. Hammer und Wheatley waren keine Fremden, denn auch die Buchvorlage zum in Deutschland ähnlich betitelten DIE BRAUT DES TEUFELS aka THE DEVIL RIDES OUT (1968) stammte von ihm. Ursprünglich hatte Hammer DIE BRAUT DES SATANS als Episode einer Wheatley-TV-Anthologie mit dem Titel THE DEVIL AND ALL HIS WORKS geplant, aber als DER EXORZIST weltweit Kasse machte, wandelte Hammer die Idee in ein Kinoprojekt um und holte als Co-Produzenten die britische EMI und die deutsche Terra-Filmkunst mit ins Boot. Am Ende stand dann aber leider ein Film, der zwar angemessen Geld an der Kinokasse machte, wovon aber so viel an die Co-Produzenten weiterfloss, dass es Hammer nicht gelang, finanziell wieder auf solide Beine zu kommen. Die Kritiken waren, wie bei Filmen dieser Art üblich, durchwachsen. Unangenehm war für Hammer allerdings, dass Autor Wheatley den Film so sehr ablehnte, dass er der Firma öffentlich verbot, jemals wieder eines seiner Bücher zu verfilmen. Ein Jahr später verstarb er.

SATANS 06Was war schiefgegangen? Vor allen Dingen fehlte von Anfang an eine klare Vision darüber, ob das Buch TO THE DEVIL A DAUGHTER originalgetreu adaptiert, oder ob lediglich eine darauf basierende modernere Story entwickelt werden sollte. Das Buch erschien erstmals 1953 und war in den Siebzigern in vielen Aspekten längst veraltet. Zwar ging es auch hier um eine von einem satanischen Kult bedrohte junge Frau, die von einer Gruppe mutiger Individuen versteckt wird und gerettet werden soll, der Plot erinnert aber über weite Strecken eher an einen Agentenroman, der zwischen Südfrankreich und England hin und her springt. Was im Film davon übrig blieb, ist das Katz-und-Maus-Spiel der Helden und Satanisten, aber damit hat es sich dann auch schon. Drei Autoren setzte Hammer nacheinander darauf an, die Geschichte moderner und erschreckender zu machen, wobei die Version des letzten, Christopher Wicking, Regisseur Peter Sykes noch immer nicht voll überzeugte, so dass er noch während der Dreharbeiten Szenen umschreiben ließ. Das begeisterte die anderen am Film Beteiligten verständlicherweise nicht. Speziell Richard Widmark, der amerikanische Star der Produktion, hatte regelmäßig Wutanfälle und drohte mehrfach abzureisen.

Die größte Schwäche des Filmes zeigt sich in der nicht klar ausgearbeiteten Motivation des Hauptbösewichtes, eines von Christopher Lee großartig finster gespielten ehemaligen Priesters. Der plant nicht weniger als die Auferstehung des Höllendämons Astaroth. So weit, so böse, aber wie genau das geschehen soll, wird im Laufe des Filmes immer undurchsichtiger und nimmt dem an sich bedrückenden und spannenden Geschehen einiges an Kraft. Vor Jahren überredete der Priester einen Vater, ihm die Seele seiner Tochter, gespielt von Nastassja Kinski, zu überschreiben, damit sie an ihrem achtzehnten Geburtstag auch Astaroths Geburt vollziehen kann. Allerdings gibt es da auch noch eine Leihmutter die sterben muss, eine rituelle Schwängerung Kinskis à la ROSEMARYS BABY und eine erstaunlich horrible Szene, in der Kinski einen gruseligen roten Fötus in ihren eigenen Leib hineindrückt. Kurzum, die Strategie des teuflischen Priesters wird nicht ganz klar, und wenn der Zuschauer, das gilt auch für einen phantastischen Film, derart im Dunkeln gelassen wird, ist das der Spannung eher ab- als zuträglich.

SATANS 03Was bleibt, ist eine dennoch spannende Geschichte eines von Richard Widmark sympathisch dargestellten Helden, der sich mit außerordentlich bedrohlichen Leuten eingelassen hat. In einer in ihrer Intensität wachsenden Folge von Konfrontationen beider Parteien liegt der funktionierende Teil des Spannungsbogen des Filmes, der aber leider enttäuschend undramatisch mündet, eine Folge der chaotischen Story-Rewrites.

Visuell gelang es dem Film durchaus, einen moderneren Look als bei Hammer üblich zu etablieren. David Watkins Kameraarbeit ist gut, teilweise sehr pointiert und in einer Szene, in der Nastassja Kinski im Rausch durch London irrt, mit entfesselter Handkamera geradezu psychedelisch. Auch Regisseur Peter Sykes schafft es, eine Menge Stimmung aus realen Location zu entwickeln. Statt für einen bombastischen Orchesterscore entschied man sich bei Hammer zudem für eine moderne, minimalistische Aventgardemusik aus der Feder von Paul Glass, die in verstörenden Szenen durchaus Eindruck macht.

Für eine Wiederentdeckung und gegebenenfalls Neubewertung von DIE BRAUT DES SATANS ist die neue Bluray aus dem Hause Anolis perfekt geeignet. Sie erschien in einer simplen Amaray-Variante wie auch als schickes Mediabook mit drei verschiedenen Covern als Nr. 26 der Hammer-Edition. Das HD-Bild (16:9/1,66:1) ist hervorragend und auch an den beiden Tonspuren (Deutsch/Englisch) gibt es nichts zu meckern.

SATANS 04Mit dem Bonusmaterial kann ein Hammer-Fan viel vergnügte Zeit verbringen. Zum einen ist ein kompetenter wie meinungsstarker Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen, Uwe Sommerlad und Volker Kronz an Bord, der in vielen Aspekten am Film allerdings kein gutes Haar lässt. Die Dokumentation „Dark Arts: Inside To The Devil A Daughter‘“ mit den Hammer-Kennern Kevin Lyons, John J. Johnston, Alan Barnes und Jonathan Rigby zeichnet dagegen ein positiveres Bild des Werkes. Interessant ist auch ein ausführliches Interview mit der 2018 verstorbenen Synchronlegende Christian Rode, der in der deutschen Fassung Christopher Lee seine Stimme leiht. Das Interview ist zwar nicht für diese Veröffentlichung entstanden und geht nicht auf den Film ein, ist aber trotzdem ein informativer Blick hinter die Synchron-Kulisse. Exklusiv nur im Mediabook enthalten ist ein 28-seitiges Booklet, geschrieben von Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad, auf der Disk befinden sich zudem noch Schmankerl wie der britische und deutsche Kinotrailer, eine Super-8-Fassung, Radiospots, Pressbook, Werberatschlag und eine ausführliche Bildergalerie. Insgesamt eine teuflisch gute Veröffentlichung!

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To The Devil A Daughter | Großbritannien / Deutschland 1976 | Regie: Peter Sykes | Darsteller: Richard Widmark, Christopher Lee, Nastassja Kinski, Denholm Elliott, Michael Goodliffe, Honor Blackman u.a.

Anbieter: Anolis Entertainment