The Angel Maker
Von Shamway
Nordic Noir – wieviel Überraschungen kann das Genre noch bieten? Beim Serienmörderfilm THE ANGEL MAKER erwartet man erst mal gar nichts, ist vorübergehend überraschend interessiert, um schließlich festzustellen, dass es doch ‚same but slightly different‘ war bzw. nicht besonders originell. Ein Killer schnappt sich Frauen, erstickt sie beinahe, indem er ihnen einen durchsichtigen Plastiksack über den Kopf stülpt – um sie dann vor einer Kamera erst richtig brutal abzuschlachten. Wetter wie immer grau bis regnerisch, viel Nacht.
Bereits nach dem ersten Mord wird die Cybercrime-Kommissarin Laura (Julie R. Ølgaard) aus ihrer Auszeit geholt, obwohl sie psychisch immer noch unter ihrer Abtreibung leidet. Der leitende Kommissar Jesper (Roland Møller) zeigt sich zwar anfangs knorrig über die neue Partnerin, doch schon nach den ersten cleveren Rückschlüssen Lauras ist er überzeugt und die beiden werden zum eingespielten Team. Etwas, das ihr im Privaten mit ihrem Mann (Christopher Læssø) nicht mehr zu gelingen scheint. Wie etwa im Nordic-Klassiker DIE BRÜCKE ist es die weibliche Protagonistin, die im Privatleben Mühe bekundet. Ironie: Laura musste abtreiben, Jespers Frau ist in glücklicher Erwartung. (Dass man bald einmal erfährt, dass der Mörder Frauen auswählt, die bereits einmal abgetrieben haben, gibt dem Film allerdings dann die vorhersehbare Wendung, dass der Mörder zum Finale direkt auf Laura zielen wird.)
Natürlich sucht auch dieser Serienmörder Anerkennung und filmt dazu seine grauenhaften Morde. Ganz im Stil einer Mordperformance (in Filmen sind Serienmörder ja immer entweder installativ oder performativ). Er zieht die Morde zwar nach Außen, aber zielt dabei auf das Innere der Frauen ab, er schlitzt sozusagen den Körper auf, um das Innere nach Außen zu zeigen. Zu zeigen, dass dort, wo die Babies sein sollten, jetzt nichts ist. Die Welt soll also sehen, dass Frauen „nichts“ haben, wenn sie keine Babies in sich tragen.
Die Dramaturgie des Films wird dadurch bestimmt, dass der Mörder vor allem auch ein Computernetz-Genie ist. Nicht, dass wir das nicht auch tausendmal gesehen hätten, aber hier nimmt der Battle gegen die Cyberkriminalitätsspezialistin kurzzeitig etwas Fahrt auf, wenn auf überraschende Weise das Polizeidepartement überlistet wird. Charakterisiert wird also ein typischer Incel, ein Frauenhasser und Tech-Nerd.
Die bekannte dänische Schauspielerin Julie R. Ølgaard hat es sich nicht nehmen lassen, in ihrem Regieerstling auch selber die Hauptrolle zu spielen. Herausgekommen ist allerdings ein sehr durchschnittlicher Krimi, der in einem Ranking guter und schlechter TATORT-Filme wohl nicht mehr als eine Mittelposition innehätte.
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Englemageren, Dänemark 2023 | Regie: Esben Tønnesen, Julie R. Ølgaard | Drehbuch: Yusuf Othman, Julie R. Ølgaard | Kamera: Sophie Caroline Gohr | Musik: Brian Lackey, Peter Seeba | Darsteller: Julie R. Ølgaard, Roland Møller, Christopher Læssø u.a. | Laufzeit: 94 min.
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