Late Phases

Late Phases

Von David McAllan

Kaum hat sein distanzierter Sohn Will den frisch verwitweten, blinden Vietnam-Veteran Ambrose in einer bewachten, properen Rentersiedlung untergebracht, greift ein Werwolf an und tötet seinen heiß geliebten Blindenhund sowie die einzige sympathische Nachbarin weit und breit. Die Polizei schenkt dieser Version keinen Glauben. So lässt sich Ambrose frustriert, aber entschlossen Silberkugeln gießen und wartet auf den nächsten Vollmond.

late.phases.2014.coverDer spanische Genrefilmer Adrián García Bogliano, bekannt geworden durch den bei uns kürzlich veröffentlichten HERE COMES THE DEVIL, trotzt wieder erprobten Versatzstücken ein Stück Individualität ab. Wofür er sich auch bei dem stets zuverlässigen Nick Damici bedanken kann, der sowohl als Schauspieler wie auch als Drehbuchautor für Jim Mickle bei WE ARE WHAT WE ARE sowie COLD IN JULY ordentliche Arbeit leistete.

Seine Figur als Grumpy Old Man zwischen Clint Eastwood und Charles Bronson verleiht dem ansonsten nicht nennenswert ambitionierten Werk etwas dauerhaft Semi-Interessantes. Es gerät nie so kunstvoll-betörend wie das Coming-of-Age WHEN ANIMALS DREAM, so partytrashig rockig wie WOLFCOP oder so grimmig-spannend wie WER, verwendet Elemente daraus aber zu einem B-Movie – und zwar einem ganz speziellen.

Da tauchen einerseits komische Seiten auf, wenn die Polizei andere Sorgen als Tierangriffe hat und die Bewohner sich lieber über den unbequemen Unruhestifter echauffieren als über die regelmäßigen Vollmondmorde. Dann ist der sture, brüske Ambrose das sarkastische Zentrum einer Satire auf die Crescent Bay Retirment Community, wo alte Menschen abgeladen werden, um beim Sterben ihre Angehörigen nicht zu stören.

Deshalb ist LATE PHASES kein Schocker, sondern mehr das Porträt eines Abgeschobenen, woraus sich ein völlig unsentimentales, hervorragend trockenes Vater-Sohn-Drama speist. Ein melodisch-stimmungsstarker Mysteryscore sowie das sonnengoldene Rotstichbild begleiten eine kleine allegorische Auseinandersetzung mit dem Wirken von Kirche, Pfaffen, Gewalt und Glaube, wenn auch unvertieft wie die Fähigkeiten von Ambroses Geruchssinn, mit dem er die Werwölfe erschnüffelt.

Da die von Effektkünstler Robert Kurtzman entworfenen Old-School-Kreaturen von Beginn an zu sehen sind, fehlt einiger Thrill, zumal sie einem Trash-Comic entsprungen scheinen. Neben blutigen Leichen komplettiert ein Splatterfinale, das damit eher kurios als horrend zu Werke geht, mit Käsigkeit den unebenen Eindruck. Aber es ist die eigenwillige Rentergeschichte mit stilvollem Abgang, die dies unverdrossen aufwertet.

Erschienen auf Komm & Sieh

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Late Phases, USA 2014 | Regie: Adrián García Bogliano, Buch: Eric Stolze | Mit: Nick Damici, Ethan Embry, Lance Guest, u.a. | Laufzeit: 95 Minuten, noch kein deutscher Verleih.