Peaky Blinders – Gangs of Birmingham Staffel 2
Von Matthias Ehrlicher
Die erste Staffel der Serie PEAKY BLINDERS – GANGS OF BIRMINGHAM stand ganz im Zeichen des Aufstiegs der Familiengang „Peaky Blinders“ im heimischen Birmingham. Tommy Shelby (Cillian Murphy) schuf aus einer Truppe von Rowdys eine Instanz in der Stadt, der nicht einmal die Polizei etwas anhaben kann. In Staffel Zwei geht es um die Expansion des Unternehmens. Birmingham Mitte der 1920er wird den Peaky Blinders zu klein.
Der Plot dieser Staffel steht auf zwei Hauptsäulen. Erstens plant Tommy Shelby seine Unternehmungen nach London auszuweiten. Daraus entwickelt sich zwangsläufig ein Bandenkrieg mit den jüdischen und italienischen Platzhirschen. Der zweite Part ist ein Geheimauftrag, den Tommy, ohne seine Familie zu involvieren, direkt von Winston Churchill (Andy Nyman) erhält. Übermittelt durch den, nach Graces Schuss wieder genesenen Major Chester Campbell (Sam Neill, der weniger herausragt, als es sein Talent hergeben würde). Churchill verlangt von Tommy ein Attentat auf einen hochrangigen Offizier, um damit den Irland-Konflikt in eine ihm gemäße Bahn zu lenken.
Ein nettes Detail ist es, Churchill als Akt-Maler mit Model in Aktion zu sehen, während er mit Campbell Pläne schmiedet. Im weiteren Verlauf der Staffel spinnt Campbell Tommy Shelby immer weiter in sein Netz aus Intrigen und Verrat ein. Man muss bis zum Ende ausharren, um zu verstehen, wer was wann gesteuert oder initiiert hat. Doch dieser Strang bleibt schwach. Er stützt sich zu sehr auf Tommys und Campbells persönlichen Zweikampf, der sich leider schnell tot läuft, da die Figuren zu eindimensional gezeichnet sind. Hier hätte eine stärkere Einbindung in den historischen Kontext gut getan. Dass uns der Irland-England-Konflikt heute etwas zu erzählen hat, sollte unstrittig sein. Eine von mehreren vergebenen Chancen der Serie. Dessen ungeachtet, verschmelzen die beiden Plotelemente in den finalen Folgen gut miteinander.
Im Handlungsstrang der Expansion der Peaky Blinders nach London passiert so einiges. Tante Polly (Helen McCory), die gute und ebenso böse Seele der Familie, ist gegen diesen Schritt. Sie fürchtet, die Familie könnte im Bandenkrieg untergehen. Womit sie, spätestens zur Halbzeit der Staffel, nicht ganz unrecht haben wird. Doch die anfänglichen Schwierigkeiten werden auf konventionelle Gangster-Art gelöst. Die Peaky Blinders steigen auf. In diesem Konflikt überzeugt Tom Hardy als Chef der Solomon-Gang und Gegenspieler der Shelbys. Pollys Verhältnis zum Leben und den Geschäften der Familie wird sich in dieser Staffel sehr verändern. Was vor allem daran liegt, dass Tommy ihren jetzt siebzehnjährigen Sohn wiederfindet, der ihr als kleines Kind von der Fürsorge weggenommen wurde. Michael (Finn Coel) wird Teil der Familie, was Polly rückblickend betrachtet für keine gute Idee halten wird.
Die Geschäfte der Familie laufen auf vollen Touren. Vor allem der Whisky-Schmuggel geht voran. Sie planen sogar in das Land der Prohibition zu exportieren. Auch auf dem Gebiet des Glücksspiels tut sich was. Tommy steigt als neuer Besitzer eines Rennpferdes ins Geschäft mit Sportwetten ein und versucht gegnerische Buchmacher auszustechen. Derweil tritt eine Frau in sein Leben: Die Pferdetrainerin Lizzie (Natasha O´Keeffe), eine junge Witwe aus reichem Haus, mit guten Verbindungen. Anfangs läuft die Affäre reibungslos. Bis Grace Burges (Annabelle Wallis) nach ihrer Flucht in die USA wieder in London auftaucht. Ein Umstand, der Tommy Shelby und Major Chester Campbell so gar nicht in den Fahrplan passt. Zu diesem Zeitpunkt sitzen Tommy also nicht nur zwei Geliebte, sondern auch zwei blutgierige Gangs und zwei skrupellose Vertreter der Regierung im Nacken. Die Frauen müssen warten. Das Geschäft geht vor. Am Schluss von Staffel Zwei wird Tommys Bruder Arthur Shelby (Paul Anderson) im Pub grölen: „Wer soll uns jetzt noch aufhalten?“
PEAKY BLINDERS hält in dieser zweiten Staffel das Niveau der ersten und wird dieses sicherlich auch in der geplanten dritten tun. Die BBC legt mit ihren Partnern hier ein handwerklich sauberes, quadratisch-praktisches Stück Fernsehen vor. Wie von ihr zu erwarten war. Überraschungen oder Ideen, wie man dem Genre „Gangster-Familien-Serie“ etwas Neues abringen kann, ist in dieser TV-Kollektion nicht vorgesehen. Die Bandenkriege sind brutal, aber konventionell inszeniert. Es gibt mehr Handlungsstränge als in der ersten Staffel, die aber im Gesamtgefüge nur Füllsel bleiben. Die Figuren sind eindimensional und oberflächlich. Es gibt nichts in der Handlung oder beim Setting, das man nicht irgendwo so schon einmal gesehen hätte. Doch meistens eben schlechter als hier. PEAKY BLINDERS bleibt Stangen-Ware. Auf allen Ebenen. Nur, dass die BBC genau das besser kann als jeder andere Sender der Welt.
___________________________________________________________
Peaky Blinders – Gangs of Birmingham, Großbritannien 2014, R: Colm McCarthy, D: Sam Neill, Paul Anderson, Helen McCrory, Andy Nyman u.a.
Anbieter: Koch Media