Ride on - Die zweite Chance

Ride on – Die zweite Chance

Von Oliver Schäfer

Luo ist ein abgehalfterter Stuntman, einst der Beste der Branche. Seine Tage verbringt er mit „Roter Hase“, seinem geliebten Stuntpferd. Hoch verschuldet droht ihm ein Schuldeneintreiber das Tier wegzunehmen. In seiner Verzweiflung sucht Luo rechtlichen Beistand bei seiner von ihm entfremdeten Tochter, der Jurastudentin Bao. Als eine Gruppe von Schlägern das Geld mit Gewalt einfordern will, verabreichen der Stuntman und sein Vierbeiner den Schurken eine Tracht Prügel. Das Video dieses verrückten Kampfs geht viral und beschert Luo neue Jobs, zieht aber auch den Zorn der Kredithaie auf sich.

Jackie Chan zählt zu den größten Actionstars aller Zeiten. Die Leinwand-Legende war im Hongkong-Kino (DRUNKEN MASTER) ebenso erfolgreich wie in Hollywood (RUSH HOUR). In der Action-Komödie RIDE ON präsentiert sich der agile Superstar endlich wieder so, wie seine Fans ihn kennen und lieben. Sein unverwechselbarer Kampfstil, einfallsreich inszenierte Action-Sequenzen und ein Pferd, das Martial Arts beherrscht, sorgen für Spaß und Spannung.

Nichts an diesem Covertext ist falsch, allerdings darf man hier auch nicht jedes Wort für bare Münze nehmen, denn es ist nun mal eine Tatsache, dass Jackie Chan mit mittlerweile knapp siebzig Jahren nicht mehr die Agilität seiner frühen Jahre an den Tag legen kann. Da unterscheidet er sich nicht von den älteren Semestern der US-Filmindustrie, wie z.B. Liam Neeson, Harrison Ford, Sylvester Stallone oder Arnold Schwarzenegger. Und so kommt auch hier die Action meist eher gemächlich daher, wurde von Stuntleuten oder per CGI-Einsatz mal mehr, meist jedoch weniger überzeugend „unterstützt“.

Das wäre nicht weiter schlimm, wenn denn die rührselige Story etwas mehr Substanz, Spaß und Spannung bieten würde. Tatsächlich bleibt hier jedoch alles sehr oberflächlich, die Witze wirken oft altbacken und grundsätzlich kann man den Fortgang der Geschichte problemlos vorhersagen. Auch das wäre für einen verregneten Nachmittag noch in Ordnung, aber eine auf 126 Minuten aufgeblähte Story, die eine Laufzeit von maximal 95 Minuten rechtfertigt, machte das Ansehen des Films – bei aller Sympathie für Jackie Chan – dann doch recht anstrengend. Somit bleibt sein Thriller THE FOREIGNER von 2017 auch weiterhin der letzte Chan-Film, der mich wirklich gut unterhalten hat.

Auch wenn der Film mich insgesamt also eher enttäuscht hat, so ist er dennoch nicht unsympathisch, insbesondere bei seinem nostalgischen Portrait des alternden Stuntmans, der es im heutigen Filmbusiness einfach schwer hat. An einer Stelle im Film schaut sich Luos Tochter einen Zusammenschnitt der Stunts ihres Vaters an, der natürlich aus früheren Werken Chans stammt und eine schöne Hommage an den gefährlichen körperlichen Einsatz ist, den Chan über die Jahre zur Unterhaltung seines Publikums gezeigt hat.

Dieser nostalgische Moment, zusammen mit der zwischen Chan und der zweiten Hauptrolle, dem Pferd „Roter Hase“ herrschenden Chemie, funktioniert dann auch sehr gut, wobei das Pferd Jackie Chan im Verlauf des Films mehrmals die Schau stiehlt. Andere Figuren sind überzogen dargestellt oder bleiben insgesamt blass. Der watteweiche Inszenierungsstil lässt zudem leider auch kaum Spannung aufkommen – weder bezüglich des Vater-Tochter-Verhältnisses, noch bezogen auf das Schicksal von Chan und seines roten Hasen.

Was bleibt, ist ein harmlos netter, aber überlanger nostalgischer Trip in eine veränderte Filmindustrie, garniert mit etwas Familiendrama und wenig bedrohlichen Gangstern, der höchstens glühenden Chan-Fans länger als zwei Tage im Gedächtnis bleiben wird.

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Longma Jingshen, China 2023 | Regie: Larry Yang | Darsteller: Jackie Chan, Haocun Liu, Kevin Guo, Yueting Lang, Andy On, Hang Su, Jing Wu, Xing Xu, Joey Yung u.a.

Anbieter: Plaion Pictures