Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer

Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer

Von Christopher Klaese

In der Godzilla-Filmreihe markiert FRANKENSTEIN UND DIE UNGEHEUER AUS DEM MEER (GOJIRA, EBIRA, MOSURA: NANKAI NO DAIKETTŌ, 1966) aufgrund mehrerer Faktoren eine erhebliche Zäsur innerhalb der Showa-Staffel: Aufgrund der TV-Konkurrenz waren die Zuschauerzahlen drastisch zurückgegangen, andere Monsterfilme fluteten den Markt. Toho-Produzent Tomoyuki Tanaka steuerte gegen: Während zeitgleich Ishirō Honda für FRANKENSTEIN – ZWEIKAMPF DER GIGANTEN (FURANKENSHUTAIN NO KAIJÛ: SANDA TAI GAIRA, 1966) aus dem Vollen schöpfen konnte, dampfte Tanaka das Budget für Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer merklich ein und verpflichtete mit Hondas ehemaligem Assistenten Jun Fukuda einen neuen Regisseur, der der Reihe frische Impulse geben sollte. Trotz der Kostenreduktion gestalteten sich die im bewährten Suitmation-Verfahren hergestellten Monsterkämpfe überzeugend, unterhielten prächtig und brachten Humor und Schnelligkeit in die zuvor manchmal allzu epischen Honda-Inszenierungen.

Layout 1Die Handlung ist schnell erzählt: Der junge Ryota strandet auf der Suche nach seinem Bruder zusammen mit einigen Kumpanen auf einem fernen Eiland, das durch die Terrororganisation ‚Roter Bambus‘ mithilfe versklavter Ureinwohner als geheimer Stützpunkt genutzt wird. Zusammen mit dem Eingeborenenmädchen Daiyo wollen sie die unterjochten Arbeiter befreien, finden sich aber unvermittelt in einem Kampf zwischen dem auferweckten Godzilla und dem gigantischen Hummer Ebirah wieder. Als die Basis des ‚Roten Bambus‘ zerstört wird und eine die Insel vernichtende Bombe unaufhörlich tickt, erhebt sich die Riesenmotte Mothra, um den Helden beizustehen. Werden sie und Godzilla dieses Abenteuer überstehen?

Anstatt Godzilla wiederholt Miniaturstädte plattwalzen zu lassen und weiterhin das apokalyptische Katastrophenfilmgenre zu bedienen, schmiss man jetzt Agentenfilmelemente mit Motiven des Dschungelabenteuers zusammen, würzte mit etwas Nibelungen-Saga nach (Godzillas Erweckung) und schmeckte mit buntem Südseefeeling ab. Dass im ursprünglichen Filmkonzept King Kong als Hauptprotagonist parat stand und erst in der Projektentwicklung gegen Godzilla ausgewechselt wurde, merkte man deutlich in der charakterlichen Wandlung des Monsters – so erhielt es sympathischere Züge und half letzten Endes sogar den gestrandeten Menschen aus der Patsche.

frankenstein.und.die.ungeheuer.aus.dem.meer.1966.cover2Entgegen der landläufig etwas abschätzigen Meinung über Fukudas Kaiju-Beiträge muss man dem Film zugutehalten, dass er aus seinen merklichen Mängeln das Beste herausholt, nie Langeweile aufkommen lässt und immer unterhaltsam bleibt – die erneut ansehnlichen Spezialeffekte tragen ihren Teil zum Gelingen dieser Südseeexpedition bei. Das Skript von Shinichi Sekizawa kann sich in seiner Verknüpfung von verschiedensten Stilen wirklich rühmen, Geschmäcker alter und junger Zuschauer gelungen zu vereinen und die Farbgestaltung liefert in ihrer Vielfalt hervorragendes Zeitkolorit aus dem Japan der 1960er Jahre.

Nachdem der nominelle Godzilla-Komponist Akira Ifukube gerade für Hondas Parallelfilm Frankenstein – Zweikampf der Giganten schrieb und Fukuda auch bei der Musik andere Wege gehen wollte, begab sich Masaru Sato als neuer Tonsetzer hinter das Dirigentenpult. Sato hatte bereits für das erste Godzilla-Sequel Godzilla kehrt zurück (GOJIRA NO GYAKUSHÛ, 1955) den Soundtrack geschrieben und unterstrich mit seiner Filmmusik die Neuausrichtung der Reihe – anstatt chromatisch-martialischer Endzeitmärsche setzte er auf einen deutlicheren Bezug zum musikalischen ‚Now Sound‘, verquirlte poppige E-Gitarren mit dem fröhlichen Südseefeeling eines Les Baxter und ließ asiatische Spannungsmusik gegen fetzige Surf-Tänze antreten, wobei Reminiszenzen von JAMES BOND (1962) bis BATMAN (1966) nicht weit sind.

frankenstein.und.die.ungeheuer.aus.dem.meer.1966.still2Anolis legt mit dieser Veröffentlichung den mittlerweile elften Teil seiner beispielhaften Kaiju-Collection vor. Das wertig-massive Metalpak fasst zwei DVDs, wobei die erste Scheibe neben der ungekürzten japanischen Kinofassung (sowohl mit Originalton als auch der deutschen Synchronisation) einen mit Fakten gespickten Audiokommentar des unterhaltsamen Kaiju-Gespanns Jörg Buttgereit und Bodo Traber enthält – japanischer Trailer und japanische Super 8-Fassung sowie eine umfangreiche Bildergalerie mit japanischen und internationalen Motiven runden diese DVD ab. Auf der zweiten Scheibe finden sich die separat abgetastete deutsche Kinofassung mit entsprechender Synchro (Sprecher sind u.a. Tonstudiolegenden wie Gerd Duwner, Wolfgang Draeger, Arne Elsholtz, Thomas Braut oder Traudel Haas), der deutsche Kinotrailer sowie eine Bildergalerie mit deutschen Aushangfotos und Plakaten. Ein kenntnisreiches Booklet von Ingo Strecker beschließt das opulente Paket. Außerdem ist ein Gutschein enthalten, der bei Erscheinen einer eventuellen Blu-ray des Films für den Käufer einen signifikanten Preisnachlass wirksam werden lässt – das ist transparent und vorbildlicher Dienst am Kunden!

„Fischmäßig hätt‘ ich nur Hummer da!“. Von jedem Kellner, der einen solchen Satz aus dem Mund bringt, würde man das Trinkgeld zurückverlangen. Doch was uns ‚Kellner‘ Fukuda hier an filmischem Südseecocktail einschenkt, ist aller Ehren wert. Garniert mit dem knuffigsten Monster, dass je über Kinoleinwände getappst ist, ist hier gute Unterhaltung für Groß und Klein garantiert!

„Gojira … Gojira … Gojira!“

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Gojira, Ebira, Mosura: Nankai no Daikettō , Japan 1966, Regie: Jun Fukuda, Mit: Akira Takarada, Kumi Mizuno, Chotaro Togin, Akihiko Hirata, Jun Tazaki, Hideo Sunazuka u.a.

Anbieter: Anolis Entertainment