Nordische Filmtage 2023: The Promised Land

Nordische Filmtage 2023: The Promised Land

Von Friederike Grabitz

Niemand kann so gut starrsinnig dreinschauen wie Allstar Mads Mikkelsen. In Nicolaj Arcels neuestem Film THE PROMISED LAND, der Anfang Mai in die Kinos kommt, darf er in dieser Disziplin glänzen. Er verkörpert die vielleicht sturste Figur in der Geschichte Dänemarks, Ludvig von Kahlen.

Der ehemalige Soldat von Kahlen holt sich 1755 bei den Adligen in der Hauptstadt die Erlaubnis, in der jütländischen Provinz ein Stück Land zu besiedeln. Es ist eine Zeit, in der die Fruchtbarkeit des Bodens über Reichtum oder Armut entscheidet. Die jütländische Heide im Westen Dänemarks gilt als riesiges Ödland, wo sich keine Bauern niederlassen, vom König praktisch aufgegeben. Ludvig von Kahlen will das ändern, und er hat einen Plan: eine neue Feldfrucht aus Deutschland, die in fast jedem Boden wachsen soll. Gemeinsam mit einem Priester, vor dem Gutsherrn geflohenen Arbeitern und später einer Gruppe Gesetzloser aus den Wäldern baut er ein Haus und versucht verbissen, dem Boden eine Lebensgrundlage abzuringen.

Sie haben ein hartes Leben in der Wildnis, dazu kommen Überfälle von Räubern und Konflikte innerhalb der Gruppe, vor allem aber die Ablehnung des brutalen Feudalherrn im benachbarten Schloss, der das Land für sich beansprucht. Neben ihm verblasst die Härte von Kahlens, der das Wohlergehen Einzelner dem Projekt unterordnet. Er führt sie mit eiserner Hand, und wenn er das Land beackert, mahlen seine Zähne unter den Wangen verbissen. Die Gruppe der Mitstreiter wächst nicht, im Gegenteil. Die Ambivalenz von Kahlens, der als Antiheld eine im Grunde sehr spannende, vielschichtige Figur verkörpert, verblasst leider neben der undifferenzierten Boshaftigkeit des Gutsherrn.

Schweiß und Blut, Blei, Folter und schöne Landschaften, dazu die epische Länge des Films: Das ganze Setting erinnert stark an die Geschichten von Siedlern in Nordamerika. Angelockt vom Versprechen nach kostenlosem Land und dem Nervenkitzel des Abenteuers, crashten viele Übersee-Siedler in eine harte Realität mit Entbehrungen, gesetzloser Gewalt und Kämpfen mit Angehörigen der „First Nations“. Der Wilde Westen von Dänemark gibt sich in PROMISED LAND nicht viel anders. Über die Figur eines Sinti-Mädchens, das die Siedler aufnehmen, findet auch das Thema Antirassismus und Antiziganismus einen Weg in die Geschichte.

Der Film basiert auf dem historischen Bestseller “The Captain and Ann Barbara” von Ida Jessen, der zum dänischen Bildungskanon gehört. Zugleich unterscheidet er sich von der Buchvorlage auf mehreren Ebenen. So gibt es eine starke, weibliche Hauptfigur, die im Buch nicht vorkommt. Die Figuren, ihre Charakterzeichnung und vor allem ihre Sprache sind modern. Das sei eine bewusste Entscheidung gewesen, erzählte die Produzentin Louise Vesth, um die Figuren dem Publikum näher zu bringen. Vesth stand bei den gut besuchten Festival-Vorführungen der „Nordischen Filmtage“ im November 2023 Rede und Antwort. Schwierig gewesen sei die Suche nach einem Drehort: „Ich dachte: Wir haben doch sehr viel Heide in Europa. Aber fast überall ist die Heide stark geschützt“. Sie wollten in Deutschland drehen, doch dort hätten sie immer auf den Wegen bleiben müssen. „Am Ende drehten wir dort, wo es tatsächlich passiert ist: In Jütland“.

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Bastarden / The Promised Land | DK / D / CZ / SE 2023 | Regie: Nikolaj Arcel | Buch: Anders Thomas Jensen, Nikolaj Arcel | Kamera: Rasmus Videbaek | Musik: Dan Romer | Darsteller: Mads Mikkelsen, Amanda Collin, Simon Bennebjerg u.a. | Laufzeit: 127 Min.

„The Promised Land“ kommt am 2. Mai 2024 in die deutschen Kinos.