A Quiet Place
Von Oliver Schäfer
Keine Geräusche verursachen! Kein Wort sprechen! Das ist der Schlüssel zum Überleben der Familie Abbott. Lee (John Krasinski), Evelyn (Emily Blunt) und den Kindern Regan (Millicent Simmonds), Marcus (Noah Jupe) und Beau (Cade Woodward) ist es bisher gelungen, eine außerirdische Invasion zu überleben, der ein Großteil der Menschheit zum Opfer gefallen ist. Es ist der 89. Tag – und es wird ein schlimmer Tag.
Rund ein Jahr später, am 472. Tag, lebt die Familie auf einer verlassenen Farm. Da Tochter Regan taub ist, verständigen sich alle per Zeichensprache, was angesichts der bedrohlichen Situation ein echter Vorteil ist. Die außerirdischen Invasoren sind nämlich blind, dafür jedoch mit einem außergewöhnlichen Hörvermögen ausgestattet. Jedes Geräusch lockt sie sofort an.
Familie Abbott hat während des vergangenen Jahres einiges für die Geräuschlosigkeit getan. Wege durch den Wald sind mit dämpfendem Sand abgestreut, Spielfiguren sind aus Stoff, Bodendielen sind mit Trittmarkierungen versehen, um Quietschen und Knarzen zu verhindern und auch für das Baby, das Evelyn erwartet, hat die Familie bereits clever vorgesorgt – aber man kann eben nicht an alles denken…
John Krasinski (13 HOURS) hat mit seiner dritten Regiearbeit einen auf den ersten Blick simplen, aber ausgesprochen effektiven und exzellent gespielten Suspensethriller abgeliefert, bei dem das Publikum durch die im Film herrschende Stille innerhalb kurzer Zeit das Popcorngeraschel einstellt. Es gibt kaum gesprochene Dialoge, kaum andere Geräusche und in den aus der Perspektive der tauben Regan gefilmten Szenen fehlt sogar jeglicher Ton. Auch der Score von Marco Beltrami ist meist angemessen unauffällig.
Jedes Geräusch, das in weniger cleveren Filmen ein billiger Jumpscare wäre, wird hier durch die vorherrschende Stille zu einer echten Schrecksekunde. Diese Stille wird unterstrichen durch die ruhig dahingleitende Kamera der Dänin Charlotte Bruus Christensen (FENCES), die uns im Verlauf des Films alles zeigt, was wir als Zuschauer wissen müssen, ohne dass dazu auch nur eine Dialogzeile nötig wäre. Ein perfektes Beispiel von „Show, don´t tell“.
Mit seiner Ehefrau Emily Blunt (SICARIO) konnte Krasinski bei der Besetzung nichts falsch machen. Abgehärtet durch erstklassige Rollen in SICARIO und EDGE OF TOMORROW ist sie sowohl in emotionalen als auch in härteren Sequenzen immer glaubwürdig. Auch die Kinderdarsteller Noah Jupe (SUBURBICON) und besonders die auch im wahren Leben gehörgeschädigte Millicent Simmonds (WONDERSTRUCK) überzeugen auf ganzer Linie. Bei aller optischen und akustischen Finesse hat Krasinski die emotionale Seite des Films nicht vergessen, besonders deutlich in einer ergreifenden Szene, in der Tochter Regan erkennen muss, wie falsch sie ihren Vater eingeschätzt hat.
Hat der Film Schwächen? Natürlich. Hier und da gibt es einen logischen Patzer oder einen vorhersehbaren Moment, aber die Geschichte ist so gut und spannend erzählt, dass man darüber getrost hinwegsehen kann.
John Krasinski hat einen knackigen, kurzweiligen und überraschenden Thriller gedreht. Die Monster sind schnell und tödlich, die Angriffe brutal und blutig. Die Darsteller überzeugen auf ganzer Linie und technisch ist ebenfalls alles erstklassig. Kein schlechtes Ergebnis für ein kleines Budget und einen Regisseur/Hauptdarsteller/Co-Autor und Mitproduzenten, der bislang eher als netter Typ von nebenan galt.
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A Quiet Place, USA 2017 | Regie: John Krasinski | Drehbuch: Bryan Woods, Scott Beck, John Krasinski | Musik: Marco Beltrami | Kamera: Charlotte Bruus Christensen | Schnitt: Christopher Tellefsen | Darsteller: Emily Blunt, John Krasinski, Noah Jupe, Millicent Simmonds, Cade Woodward, Leon Russom| Laufzeit: ca. 90 Min.
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