Im erst zweiten Spielfilm nach seinem erfolgreichen Schulhorrorthriller DEATH BELL von 2008 unternimmt der ehemalige Musikvideoregisseur Yoon Hong-seung, der sich der Einfachheit halber Chang nennt, den seltenen Fall eines Asien-Remakes einer französischen Thrillerhatz, Fred Cavayés wendungsreich-atemlosen POINT BLANK – AUS KURZER DISTANZ, der 2011 auf dem Fantasy Filmfest lief. Wie eine andere kürzliche Fernost-Fassung eines okzidentalen Originals, die Samurai-Moritat THE UNFORGIVEN nach Eastwoods EERBARMUNGSLOS, weiß auch die südkoreanische Interpretation einer gallischen Verfolgungsjagd ihre Akzente zu setzen und Cavayé knapp auszustechen.

THE TARGET hat alles, was ein Actionthriller braucht und gefällt darin, kein Übermenschen-Comic, sondern schnörkellos-solide Hochglanzkost zu bieten. Handwerklich astrein, wenn nötig temporeich, aber mitnichten aufgeregt, sondern besonnen hält sich Chang weitgehend an die Plotvorlage, in der ein durchtrainierter Söldner von Profikillern in einer Regennacht beinahe getötet wird. Noch in der Notaufnahme wollen sie den Angeschossenen heimtückisch lynchen, was der diensthabende Arzt verhindert. Also entführen sie seine schwangere Frau, um ihn zum Mord zu erpressen.

Story matters: Damit entfaltet sich ein Krimi mit fünf zentralen Figuren, die Chang klug um persönliche Dramen ergänzt, wenn Angehörige um das Leben ihrer Geliebten bangen oder ihr Sterben ertragen müssen. Solche stark berührenden Szenen werten die geradlinige Genre-Portion auf, die mit wechselnden Relationen zwischen den Akteuren jongliert. Nur der konventionelle Showdown mit dem kaltblütiger Kollegenkiller der Sondereinheit RIU, der als extrovertierter Psychopath zu sehr chargieren darf, ist schwach – der Epilog dafür um so schöner. Kein Überflieger wie THE TERROR LIVE, oder so emotional wie MONTAGE, aber locker gleichwertig mit THE SUSPECT und COLD EYES.

Erschienen auf Komm & Sieh

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Pyojeok (The Target), Südkorea 2014 | Regie/Buch: Chang (Yoon Hong-seung) | Mit: Ryu Seung-Ryong, Yu Jun-Sang, Lee Jin-wook, u.a. | Laufzeit: 98 Minuten, noch ohne deutschen Verleih.