Black Shampoo

Black Shampoo

Von B.Traber

Gesellschaftskrieg und Rebellion bestimmten das New Hollywood von Beginn an, verorteten seine Wurzeln deutlich im Sozialmelodram der 30er Jahre, zu dem auch der Gangsterfilm gehört. Im Zentrum der Epoche stehen vor allem auch Robert Townes präzise Analysen der absoluten Korruption durch absolute Macht im Gewand der Film-Noir-Nostalgie CHINATOWN von Roman Polanski oder der Screwball-Satire SHAMPOO von Hal Ashby, zu denen Towne die Drehbücher lieferte. Ob der Bulle, der zum versnobten Private Eye wird, aber dennoch nicht aufsteigen kann, oder der Friseur, der wider Willen aufsteigt, als ihn seine eher körperbetonten Künste in den politischen Filz der Nixon-Ära verstricken; beide scheitern an der Unveränderbarkeit der Verhältnisse.

black.shampoo.1976.coverDas ist im Blaxploitation anders, hier kann man bestehende Verhältnisse noch zum Besseren wenden – mit Gewalt, versteht sich. Natürlich stand Warren Beattys libidogesteuerter Promicoiffeur George in Ashbys Klassiker von 1975 Pate für den „Mr. Jonathan“ des kurz danach entstandenen schwarzen Ripoffs. Aber modebewusst trendy, männlich bis in die Locken und so protektiv wie dauerpotent vereint dieser, wider Willen in einen Privatkrieg mit einem weißen Nobelgangster geratend, ebenso fast alle Helden-Charakterzüge des Blaxploitation-Kinos. Überhaupt wirkt BLACK SHAMPOO selten deutlich wie eine Replik auf das „weiße“ Kino: Anders als George hat Jonathan keine Ambitionen als in Ruhe seinen Salon zu führen und die Wünsche seiner degenerierten weißen Kundinnen zu befriedigen, aber seine neue Kassiererin Brenda ist die entlaufene Geliebte eines weißen Gangsterbosses, der sie mit Gewalt wiederhaben will. Brendas tolle Idee, den jähzornigen Potentaten mit einem gestohlenen Notizbuch unter Druck setzen zu wollen, geht böse nach hinten los, und der sonst friedliebende Jonathan muss zur Kettensäge greifen (die 1976 gerade populär war), um die faschistoide Ordnung aus den Angeln zu heben. Dekadent und meist auch impotent sind die weißen Tyrannen wie römische Cäsaren, der schwarze Underdog erscheint meist als unverdorbener, moralisch und genetisch überlegener Rebell, der sich gegen die Ungerechtigkeit stellt und die Malträtierten aus der Sklaverei führt. Hinter dem Rachemelodram im für den Blaxploitation-Film typischen Stil eines Gewaltamoklaufs schimmert in Wahrheit der Rassen- und Klassenkampf. Insofern ist das Blaxploitation-Kino ganz klar die politisch unkorrektere – und konsequentere – Variante des New Hollywood und dessen Zerrspiegel.

Mit dem Klassiker TOM (1973), in dem er selbst auch eine Hauptrolle spielte, und BLACK SHAMPOO nutzte Al-Adamson-Kompagnon Greydon Clark die Exploitation-Schablonen für zwei dezidierte anti-rassistische Manifeste, bevor er sich dem Horrorfilm zuwandte. Das selbst für einen Vertreter dieses Genres grotesk geringe Budget konzentriert die Handlung hier auf wenige, spärlich dekorierte und umso exzessiver genutzte Sets, die dem Film bisweilen die Atmosphäre eines Bühnenstücks verleihen und an H.G. Lewis oder Chano Urueta erinnern. Lange Zeit assoziierte man Clarks Namen meist mit dem Videotheken-Reißer ALIEN SHOCK / WITHOUT WARNING von 1980. Auch BLACK SHAMPOO erreichte den deutschen Zuschauer in den 80er Jahren als stark gekürzte Videopremiere, von wann auch die dürftige Synchronisation stammt. Die damals fehlenden Szenen sind untertitelt wieder eingefügt. Die authentische deutsche Videofassung von ITT Contrast findet sich wie immer bei Motion Picture als Zugabe unter den Extras.

Sicher kein Meister-, aber zumindest ein Musterwerk.

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Black Shampoo , USA 1976, Regie: Greydon Clark, Mit: John Daniels, Tanya Boyd, Joseph Carlo, Gary Allen, u.a.  

Anbieter: Motion Picture (Media Target)