Die Verfluchten

Die Verfluchten

Von Gerd Naumann

Mit HOUSE OF USHER (1960) legte Roger Corman den Grundstein für eine langlebige Reihe um Filmadaptionen nach Vorlagen Edgar Alan Poes. Berühmt sind diese Filme nicht nur aufgrund der brillanten Bildgestaltung, der düsteren Interieurs und tragikomischen Anwandlungen, sondern vor allem auch durch die glanzvollen, bisweilen exzentrischen Auftritte des Hollywoodveteranen Vincent Price. Regisseur Corman, der aus dem amerikanischen B-Movie-Segment stammende Independentregisseur, und der kulturell-gebildete Schauspieler ließen ein eigenes Universum der Bilder, Träume und Assoziationen entstehen. Für das Drehbuch von DIE VERFLUCHTEN, so der deutsche Verleihtitel, war Richard Matheson verantwortlich, dessen 1954 erschienener Science-Fiction-Roman „I Am Legend“ erstmals 1964 mit Vincent Price verfilmt wurde.

die.verfluchten.1960.coverVincent Price gibt den dem Wahnsinn verfallenen Schlossherrn Sir Roderick, der mit seiner Schwester Madeline und einem alten Diener vereinsamt auf seinem Anwesen lebt. Das Haus ist marode, die es umgebende Landschaft karg und düster. Bemerkenswert ist bereits der Filmanfang, in dem der von Mark Damon gespielte junge Philip Winthrop durch die knochigen Baumruinen reitet; ihn umgebend ein diffuser Nebel, dieser bereits eine visuelle Vorahnung der düsteren Geschehnisse, die ihn bei den Ushers erwarten. Winthrop, der nur auf das düstere Anwesen gereist ist, um seiner geliebten Madeline nahe zu sein, stößt aber im Haus auf Ablehnung. Sir Roderick versucht diese Beziehung mit allen Mitteln zu unterbinden. Liegt gar ein Fluch auf dem uralten Geschlecht der Ushers?

Cormans und Mathesons dramaturgisches Verdienst ist es, die Kurzgeschichte Poes in das Korsett einer flüssigen Filmerzählung gegossen zu haben. Die erwähnte Liebesgeschichte etwa gibt es bei Poe nicht, hier wurde ein namenloser Ich-Erzähler durch einen Brief des ehemaligen Jugendfreundes Roderick Usher auf dessen Leiden aufmerksam. Jedoch verleiht die Konstellation des offenkundigen Wahnsinns Ushers mit der unglücklichen Liebesgeschichte dem Film die Dimension einer griechischen Tragödie. Usher ist, ungeachtet seiner moralischen Verfehlungen, ein dunkler Held, ein Sendbote des Untergangs. Und wenn am Ende das Schloss in sich zusammenfällt, bereits vorher durch unheilvolles Knarren und Ächzen im Gebälk theatralisch angekündigt, ist es für die Famile Usher nicht mehr als die lang ersehnte Erlösung.

Bisherige Heimkinopräsentationen ließen die herrlichen Cinemascope-Bilder und ihre morbide Farbigkeit nur erahnen. Mit der nun vorliegenden Blu-ray-Veröffentlichung von Explosive Media zeigt sich Cormans Frühwerk in voller Pracht. Die wahlweise in Englisch und Deutsch anwählbare Sprachfassung ist klar verständlich und spürbar besser als bei der älteren DVD-Veröffentlichung. An Extras wird unter anderem ein längeres Interviewfeature mit dem Hauptdarsteller Mark Damon geboten.

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House of Usher, USA 1960, Regie: Roger Corman, Mit: Vincent Price, Mark Damon, Myrna Fahey, Harry Ellerbe u.a.

Anbieter: Explosive Media