Die Rückkehr der Musketiere

Die Rückkehr der Musketiere

Von Bodo Traber

Gut 15 Jahre nach seinem aufwendigen und erfolgreichen Zweiteiler um die legendären Helden Alexandre Dumas’ (THE THREE MUSKETEERS, 1973 / THE FOUR MUSKETEERS, 1974) steckte Richard Lester seine damaligen Hauptdarsteller Michael York, Oliver Reed, Frank Finlay und Richard Chamberlain noch einmal in Capes und Pluderhosen und schickte die gealterten Haudegen D’Artagnan, Athos, Porthos und Aramis in neue Duelle mit alten Gegnern (u.a. Christopher Lee als Rochefort) und deren Nachfolgern und –kommen: In die Fußstapfen der grausamen Mylady de Winter tritt deren hübsche Tochter Justine, die Rache an den Mördern ihrer Mutter geschworen hat. Dumm nur, dass Athos’ Adoptivsohn Raoul bereits sein Herz an das degenschwingende Tough Girl verloren hat. Die entzückende Kim Catrall und C. Thomas Howell sind sichtlich als Appetizer für das jüngere Publikum hinzu besetzt und schlagen sich wacker; die alten Herren stehlen ihnen allerdings oft genug die komödiantische Schau.

die.rueckkehr.der.drei.musketiere.1989.coverZwanzig Jahre sind vergangen seit den Heldentaten der vier Freunde, deren Kodex „Alle für einen – einer für alle“ sprichwörtlich wurde. Ihr damaliger Erzfeind, der Kardinal Richelieu, ist nicht mehr; ein Gemälde Charlton Hestons ziert das Arbeitszimmer seines Nachfolgers Mazarin, den Philippe Noiret mit merklich maliziösem Genuss gibt. Der geldgierige Mazarin regiert das Land im Namen des Kindkönigs Ludwig XIV., dessen Mutter Königin Anna eine durchaus halböffentliche Liaison mit dem Kardinal unterhält. Da D’Artagnan inzwischen leider völlig abgebrannt ist, muss er zugreifen, als ihn die zweifelhaften Regenten engagieren, um den entlaufenen Regimekritiker Beaufort einzufangen. Leider entpuppen sich Athos und Aramis als dessen Bodyguards, was die erste einer nicht enden wollenden Kette von Verwicklungen nach sich zieht – die meisten lösen sich anders auf als man erwarten würde, und nicht immer, wie beim vergeblichen Versuch, den englischen König Charles I. vor der Hinrichtung zu retten, zum Ruhm der chaotischen Musketiere.

Relativ getreu nach dem Roman „Zwanzig Jahre später“ (1845), mit dem Alexandre Dumas d.Ä. seinen „Die drei Musketiere“ fortsetzte, breitet der – erstaunlich pompöse – Film noch einmal eine große, nahezu satirische Abrechnung mit einem topoischen Heldenbild eines der einstmals beliebtesten Abenteuergenres aus; hier ist noch alles handgemacht, und jede Schraube wird überdreht, so dass man sich bisweilen fast wie bei Monty Python fühlt – durchaus revisionistisch dabei, dass die Trennlinien zwischen Gut und Böse inzwischen verschwommen sind. D’Artagnan und Porthos scheint kaum zu interessieren, für wen sie arbeiten, solange die Belohnung stimmt; hingegen sind die Motive der teuflischen Justine eigentlich die ehrenwerteren. Dass DIE RÜCKKEHR DER MUSKETIERE dennoch 1989 kein Publikum mehr fand, nimmt indes nicht wunder – die verrückten 70er waren lange vorbei, Lester selbst hatte den Mantel- und Degenfilm mit seinem berühmtem Zweiteiler zu einem ironisch gebrochenen Ende geführt wie mit seinem elegischen ROBIN AND MARIAN den Ritterfilm. Sie sollten mit zu den letzten bedeutenden Abenteuerfilmen der Filmgeschichte gehören, bis das Genre zu Beginn des neuen Jahrtausends (u.a. durch Ridley Scott) zu einer Renaissance fand.

In den USA erlebte Richard Lesters letzter Film seine Uraufführung nur im Fernsehen, hierzulande erreichte er den Zuschauer 1990 nur als Videopremiere (von wo die merklich preisgünstige Synchronisation stammen dürfte). Kein unbesungener Klassiker, aber eine wunderbare Gelegenheit, einen bis heute praktisch unbekannt gebliebenen Film kennenzulernen.

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The Return of the Musketeers, Großbritannien/Frankreich/Spanien 1989, R: Richard Lester, D: Michael York, Oliver Reed, Frank Finlay, Richard Chamberlain, Kim Catrall, Geraldine Chaplin, Christopher Lee, Philippe Noiret, C. Thomas Howell, Roy Kinnear, Jean-Pierre Cassel, u.a.

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