Der Mann, der aus dem Dschungel kam

Der Mann, der aus dem Dschungel kam

Von Gerd Naumann

SEARCH AND DESTROY (1979), so der Originaltitel der in deutschen Kinos als DER MANN, DER AUS DEM DSCHUNGEL KAM gelaufenen kanadisch-amerikanischen Koproduktion, ist ein reißerischer Kommentar zur Vietnamkriegsthematik. Im Mittelpunkt stehen die Veteranen Kyle und Buddy, die erfahren müssen, dass Mitglieder ihrer ehemaligen Einheit ermordet wurden. Rasch finden sie heraus, dass hinter den Morden ein vietnamesischer Militär steckt, den sie einst im Dschungel zurück gelassen hatten… SEARCH AND DESTROY fügt sich als Independentproduktion in eine Reihe zeitgenössischer Werke ein, die den Vietnamkrieg beziehungsweise die Traumata der Heimkehrer zum Thema haben. Zu nennen sind hier Ciminos THE DEER HUNTER (1978), Coppolas APOCALYPSE NOW (1979) oder Hal Ashbys COMING HOME (1978).

der.mann.der.aus.dem.dschungel.kam.1979.coverDer von William Fruet inszenierte Film nimmt die Thematik zum Anlass eines Actionspektakels, dass vordergründig ein Unterhaltungsprodukt seiner Zeit ist, jedoch im Subtext überraschend kontroverse Ansichten vertritt. Es wird letztendlich suggeriert, dass einem Soldaten mit Fronterfahrung die Integration in die Gesellschaft nur schwerlich gelingen wird, dieser ebenso über ein aggressives Potential verfügen kann. Das ist bemerkenswert. Hier drängen sich Vergleiche zu FIRST BLOOD (1982) auf, der ebenfalls von einem Kriegsheimkehrer erzählt, der keine gesellschaftliche Akzeptanz erfährt. In FIRST BLOOD aber ist es die unmenschliche Haltung von Teilen der amerikanischen Bevölkerung, die John Rambo zur Gegenwehr zwingt. Rambo bringt den Krieg in die Heimat, um sich zu verteidigen. In SEARCH AND DESTROY wird der Krieg dagegen von außen in die Heimat gebracht, löst in der Bevölkerung Panik sowie bei den Veteranen späte Sühne und moralische Auseinandersetzungen aus.

Die letzte Konsequenz scheuen Regisseur Fruet und Drehbuchautor Don Enright allerdings, denn sie entheben die amerikanischen Soldaten, mithin die Regierung, einer etwaigen moralischen Verantwortung. Der vietnamesische Assassine hat, so  die innere Logik der Handlung, insofern selber schuld an seinem Dilemma, weil er einen amerikanischen Soldaten zum sterben zurückließ. Die Reaktion der Gruppe, den später verwundeten Vietnamesen ebenfalls zurückzulassen, stellt bei aller Unmenschlichkeit ein unter Extremsituationen verständliches Handeln dar. Weiterhin fällt es dem Zuschauer schwer, sich den Positionen des Killers anzunähern. Er bleibt eine rachsüchtige Schablone, lediglich von Hass und Zerstörungswut getrieben. Emotional näher ist dagegen das moralische Dilemma der heimgekehrten Soldaten, die zwar als Helden gefeiert wurden, aber im alltäglichen Leben keinen Rückhalt finden und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten müssen. Die plötzliche Bedrohung von Leib und Leben zwingt zur Stellungnahme, zum Überdenken der eigenen Verantwortung.

Hervorzuheben ist die hervorragende Besetzung. Perry King spielt den ehemaligen Corporal Kyle Moore mit unterdrückter Wut und aggressiver Verzweiflung, Don Stroud dagegen ist der nachdenkliche Freund Buddy Grant. In Nebenrollen finden sich bekannte Gesichter, darunter George „Airport“ Kennedy und Tisa „Woodoo“ Farrow. Die Regieleistung Fruets ist erfrischend effizient und der Spannung dienlich, die Kameraarbeit René Verziers auf hohem Niveau. Liebhaber älterer deutscher Synchronfassungen kommen ebenfalls auf ihre Kosten, so ist der junge Christian Brückner in der Hauptrolle zu hören. Die DVD-Edition von Motion Picture beinhaltet den Film in guter Qualität, der Ton liegt wahlweise in Deutsch und in Englisch vor. Im Bonusmaterial findet sich ebenso die alte, etwas kürzere deutsche Verleihfassung.

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Search and Destroy, USA/CDN 1979, Regie: William Fruet, Mit: Perry King, Don Stroud, George Kennedy, Tisa Farrow, Jong Soo Park u.a.

Anbieter: Motion Picture