NIFFF 2024: Blood Star
Von Michael Kathe
Eine junge Frau fährt allein durch die Wüste. In einem coolen Ford Mustang. Am Telefon mit ihrer Schwester. Stressed-out, abgehauen von ihrem Freund, ein Fall von häuslicher Gewalt. An der Tankstelle wird sie von einem Sheriff angesprochen. Unangenehm und creepy. Als sie nachher etwas zu schnell durch die Wüste fährt, wird sie, Bobbi (Britni Camacho), von eben jenem Sheriff Bilstein (John Schwab) angehalten. Und uns – und Bobbi – wird sofort klar: „There is just one law. Run.“ Doch sie hat ihm bereits ihren Ausweis übergeben. Er hat seine Rifle im Anschlag. Er durschaut ihre Tricks, denn er kennt sie alle.
Die Story des Films ist sofort klar: Der fiese Polizist ist ein Highwaykiller. Der aber sein Opfer leiden sehen will, bzw. einem Test aussetzen. Regisseur Lawrence Jacomelli bedient in seinem Debütspielfilm BLOOD STAR ein sehr klassisches und eigentlich limitiertes Genre, aber sehr gekonnt. Ist der Film doch modern, der Plot fintenreich und das Script macht nicht den Fehler, Ironie zuzulassen. Permanent spannend.
In der Eingangsszene sehen wir bereits den misogynen Mord an einer anderen jungen Frau (Wyomi Reed). Eine ungleiche Challenge bei Nacht zwischen Sheriff (im Auto) und Opfer, durch die Wüste rennend. Sofort wird klar, in welcher Location der Film endet. Doch bis es soweit ist, durchlebt Bobbi eine Menge atemberaubender Plottwists, während derer die psychisch schwache Frau, ständig von Neuem von der Grausamkeit und der Impertinenz des Cops überrumpelt und in die Ecke gedrängt, ihre Überlebensstrategien aktivieren kann und sich in extremis zu wehren beginnt.
Man darf BLOOD STAR vorwerfen, dass er ein extremer „Women in Peril“-Film ist, doch gleichzeitig parallelisiert er (mit den ständigen Telefongesprächen während der Autofahrten) Bobbis Problematik ihrer heimischen Misshandlung, vor der sie ebenfalls flieht. Auf allen Ebenen, psychisch wie physisch. Der Kampf gegen den Sheriff gilt eben auch ihrem Ex. Ein „Sheriff“ repräsentiert dabei nicht nur einen anderen bösen Mann, sondern auch Bobbis Perspektive auf den Misshandler als eine Autoritätsfigur, was nicht zuletzt die Perspektive ist, die sie überwinden muss.
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Blood Star, UK 2024 | Regie: Lawrence Jacomelli | Drehbuch: Lawrence Jacomelli, George Kelly, Victoria Hinks Taylor | Kamera: Pascal Combes-Knoke | Musik: Felix Hindsell-Hales | Darsteller: Britni Camacho, John Schwab, Wyomi Reed, Felix Merback, Arthur Roberts, Sydney Brumfeld u.a. | Laufzeit: 97 min.
Fotos: : © BLOOD STAR – Lawrence Jacomelli
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