The Code - Vertraue keinem Dieb

The Code – Vertraue keinem Dieb

Von Shamway

Man soll sich nicht täuschen lassen durch die großen Schauspielernamen: Regisseurin Mimi Leder hat mit Morgan Freeman, Antonio Banderas und Radha Mitchell einen Kunstraub-Film gemacht, der eher im unteren Teil der Skala des Gentlemen-Einbrecher-Genres anzusiedeln ist. Leider. Denn auch THE CODE hat seine Highlights, weil er den raffinierten Einbruch mit einer Prise Actionfilm mischt.

Gabriel Martin (Banderas) hebt die Knarre in einer übervollen New Yorker U-Bahn und fordert von einem Geschäftsherrn im Wagen, der außer Atem ist, einen Diamanten. Alle Pendler halten den Atem an, nur einer spricht gelassen zu Gabriel hinüber: Keith Ripley (Freeman), berüchtigter Kunsträuber. Doch bevor wir mehr erfahren, entdeckt die Polizei in der U-Bahn Gabriel – und die Jagd geht los, durch Waggons und über die Dächer der fahrenden U-Bahn, bis zur folgenden U-Bahn-Station. Als Gabriel die Diamanten verkaufen will, kommt Ripley dazwischen und – halb zwingt er ihn, halb sinkt er hin – macht Gabriel zu seinem Partner in Crime. Für den Raub zweier Fabergé-Eier aus dem hypermodernen Tresorraum der „Romanov Jewelers Ltd.“.

Über den raffinierten Einbruch der beiden, der ganz gut, aber nicht besser ist als Kunstraub-Klassiker wie ENTRAPMENT, THE THOMAS CROWN AFFAIR oder – älter – HOW TO STEAL A MILLION (1966, R: William Wyler, mit Peter O’Toole und Audrey Hepburn – charmant!), soll hier nicht zu viel Zeit verloren werden – interessanter sind im Film die persönlichen Beziehungen und die Beziehung zu Russland. Damit ist allerdings nicht gemeint, dass man die russischen Wächter ganz einfach mit Pornos und Kuchen ablenken kann (da ist der Film ganz Russenklischee), sondern, dass hier interessanterweise der Selbstfindungsprozess des modernen Russland aufgezeigt wird.

Achtung: Spoiler! Das Juweliergeschäft „Romanov“, das die New Yorker Polizei schmiert, vermittelt gestohlene Kunstschätze Russlands in die USA, gestohlen von russischen Oligarchen. Im Zentrum stehen dabei die Sinnbilder des kaiserlichen Russland, die Fabergé-Eier. Sie wurden als Einzelwerke von der Werkstatt Fabergé in St. Petersburg als individuelle Ostereier aus Gold und anderen wertvollen Materialien fein ziseliert geschaffen – die prachtvollsten und heute begehrtesten Werke waren die knapp 50 Ostereier, die sich die Zaren zwischen 1885 und 1917 als Geschenke für Mütter und Gattinnen anfertigen ließen. Der Wert heute ist beträchtlich: 2 Jahre vor Entstehung des Films ging ein Fabergé-Ei bei Christie‘s für 12,5 Millionen Dollar über den Tisch.

Dass Ripley die Eier für einen russischen Käufer im Hintergrund stehlen will, wirkt erst einmal unmoralisch. Doch handelt es sich beim vermeintlichen Käufer um Ripleys ehemaligen Gangsterkumpel Victor Korolenko, der die beiden Eier (die überdies außergewöhnliche Eier sind) zurück in die Heimat bringt. Nicht ohne ein wohlwollendes Wort über die sowjetische Revolution von 1917 zu verlieren, die der Geldgier und Destabilisierung des Kaiserreichs ein Ende bereitet hat. Seine Tochter Alexandra (Radha Mitchell) verliebt sich nicht nur in Gabriel, sondern wirtschaftet auch als erfolgreiche Anwältin in New York, während die beiden Kunstschmuggler Nicky Petrovich und Zykov untergetaucht sind. Was sich in THE CODE im New Yorker Exil manifestiert, ist der Kampf zwischen Putins Russland und den unter Jelzin schrankenlos agierenden Oligarchen. Putin = Sowjetunion = bedächtig, während Jelzin = Zarenreich = schrankenloses Rumprassen. Das ist immerhin ein unerwarteter Subtext, unter dessen Gesichtspunkt man den mäßigen Film von Mimi Leder auch betrachten kann.

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The Code | USA, Deutschland 2009 | Regie: Mimi Leder | Darsteller: Morgan Freeman, Antonio Banderas, Radha Mitchell, Robert Forster, Rade Serbedzija, Tom Hardy u.a.