Break

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Von Manuel Raval

Vier junge Frauen fahren auf ein lang geplantes Wochenende zum Campen in die kanadischen Berge. Dort begegnen ihnen zwei Rednecks, die bereits von ihrer äußeren Aufmachung her Schlimmes vermuten lassen. Die beiden Camouflagierten betreiben ein ungewöhnliches Hobby, und so machen die Damen schnell mit den Genitalien und/oder groben Barbierwerkzeugen der Waldschrate Bekanntschaft. Zunächst wird Clare eine Kamera mittels Pfeil an den Kopf getackert, dann werden Anna und Rose gefangen genommen, an Bäume gebunden und fachgerecht gefoltert. Sarah, die vierte im Bunde, kann entkommen und eine der beiden malträtierten Freundinnen befreien. Die Partie endet schließlich unentschieden – die beiden Entgliederer werden von den Frauen massakriert, nachdem sie ebenfalls zwei der Freundinnen zur Strecke gebracht haben. Die Überlebenden retten sich trotzt multipler Verletzungen.

Cover-BREAKDrehbuchautor und Regisseur Matthias Olof Eich hat mit seinem 84-minütigen Erstlingswerk BREAK – NO MERCY, JUST PAIN, das am 03. Oktober 2009 beim Festival im katalanischen Sitges Premiere feierte, einen klassischen Backwood-Slasher vorgelegt. Der Film kann mit anderen Produktionen ähnlicher Aufmachung und Intention, die über deutlich höheres Budget verfügten, durchaus mithalten. Und dennoch hat der Regisseur einiges an dramaturgischen Möglichkeiten verschenkt.

Der Film besteht aus zwei Teilen – der Entwicklung der Geschichte, in der die Frauen und ihre Befindlichkeiten im Mittelpunkt stehen, und dem Survival-Teil, in dem die Geschichte, wie zu vermuten war, böse endet. Beide Teile sind ambitioniert gefilmt, aber es fehlt ein Motor, der den Nervenkitzel antreibt – die Vorahnung, dass im nächsten Moment, oder zumindest in den nächsten Minuten, etwas sehr, sehr Schreckliches passieren wird. Zudem nehmen die hölzernen Dialoge Fahrt aus der Geschichte, die viel zu lange um Themen wie ungewollte Schwangerschaft, Liebeskummer und Erwachsenwerden kreist. Warum erfährt der Zuschauer Details aus dem Sozialleben der Protagonistinnen, wenn es für das Verständnis oder den Fortgang der Geschichte irrelevant ist? Hier hätte eben jenes Wissen dazu beitragen können, die Spannung und den Horror noch zu verstärken: Verliert die Schwangere ihr Kind? Erscheint der Ex-Freund noch auf der Bildfläche? Bekennt die lesbische Freundin im Angesicht des Todes ihre Liebe zu einer Mitreisenden? Ohne einen Bezug ergibt die Ausformung der Charaktere und ihrer Geschichten im ersten Teil wenig Sinn.

BREAK-05Zudem sterben zwei Figuren doch leider recht früh, darunter auch die Fotografin Clare. Kamera und Fotos hätten dramaturgisch eine zentrale Rolle spielen können – nicht müssen, sicherlich, aber warum wurde die Fotografiersucht der jungen Frau so ausführlich dargestellt, wenn sie später gar keine Bedeutung hat? Ebenso wie der junge Mann mit dem bemerkenswerten Musculus gluteus maximus, der zu Beginn der Wanderung den jungen Damen begegnet und erneut auftaucht, um … eine der jungen Frauen zu retten? Oder sogar alle? Den Kampf gegen die beiden Schlächter aufzunehmen? Einen Plan zu entwickeln, wie er aus der Sache heil herauskommen könnte? Der Drehbuchautor wählt leider eine andere Option: Er lässt den jungen Mann am Straßenrand auftauchen, anfahren und über den Haufen schießen. Auch die filmischen Möglichkeiten, die die Dunkelheit eines Waldes bietet und die zum Markenkern des Genres gehören, reizt der Regisseur nicht aus. Schade, wo sie doch schon mal da waren.

BREAK-02In einem Interview gibt die Hauptdarstellerin Marina Anna Eich zu Protokoll, der Inhalt des Films sei nicht verstörend, sondern unterhaltend, und die Szene, in der sie nackt zwischen Bäumen festgezurrt, vergewaltigt wird, sei zwar brutal, aber auch berührend. Nicht unbedingt Werbung für einen Backwood Slasher, in dessen DNA Verstörung und Leid eingeschrieben sind.

Gerade im Horrorgenre gilt der Grundsatz „weniger ist mehr“ oftmals nicht. Szenen müssen überhöht werden, explizit sein, im wahrsten Sinne des Wortes offenlegen. BREAK hat da einiges zu bieten. Für Genreliebhaber ist das Werk eine schöne Ergänzung und Bestätigung ihrer Kenntnisse, für Genießer fehlt allerdings eine gehörige Prise Originalität und Überraschung im Drehbuch. Die Qualität eines Horrorthrillers liegt sicherlich nicht in der Komplexität der Handlung, aber die eine oder andere überraschende Wendung hätte dem Plot gutgetan. Die des Englischen mächtig sind, sollten den Film im Original anschauen. Und die, die es nicht sind, auch. Die Synchronisation ist, trotz einigem Aufwand an Postproduktion, suboptimal.

BREAK-01Erschienen ist BREAK ungeschnitten über NSM im Mediabook, hier darf aus verschiedenen limitierten Covermotiven gewählt werden. Die Bildqualität ist für einen Independentfilm mehr als in Ordnung. An Extras gibt es einen Audiokommentar mit dem Regisseur und einem Hauptdarsteller, verschiedene Featurettes, Deleted Scenes und, und, und. Wer sich für das Backwood-Genre interessiert, darf hier also beherzt zugreifen.

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Break, Deutschland 2009, R: Matthias Olof Eich, D: Lili Schackert, Esther Maass, Ralph Willmann, Thelma Buabeng, Marina Anna Eich, Sebastian Badenberg u.a.

Anbieter: NSM