Evil: In the Time of Heroes
Von Manuel Raval
Die 2009 erschienene Splatter-Komödie EVIL: IN THE TIME OF HEROES von Regisseur Yorgos Noussias ist sicherlich eingefleischten Fans dieses Sub-Genres zu empfehlen. Andere wird sie vermutlich nicht überzeugen. Der Film ist das Sequel des anno 2005 veröffentlichten Griechensplatters EVIL – TO KAKO. Regisseur Yorgos Noussias erschien die Geschichte offenbar nicht zu Ende erzählt; zumindest setzt er mit dem Folgewerk drei Tage nach dem Ende des Vorgängers an. Jenny, Marina, Meletis, Vakirtzis und einige andere Junggebliebene stehen Zombiehorden gegenüber, die die Hauptstadt Athen nach Bissfestem absuchen. Da die griechische Hauptstadt bereits von Zombies überflutet ist, sieht die NATO keinen anderen Ausweg, als die Stadt mit einem Bombenschlag dem Erdboden gleichzumachen. Ein guter Grund für die wenigen Verbliebenen Nicht-Zombies, die Stadt hinter sich zu lassen und im Hafen von Piräus ein Schnellboot in einen sicheren Hafen zu besteigen.
Auf dem Weg dorthin kämpfen sich die wackeren Helden durch eine Armada blutgieriger Untoter, die ihnen nach dem Leben trachten (nix Neues bis hierhin). Auch dass einer der Verzweifelten die Führung übernimmt, ist ein bekanntes Motiv, doch es entwickelt sich nicht die klassische Schnitzeljagd, denn eine mysteriöse Gestalt aus der Antike überzeugt die Gruppe davon, den Weg in die entgegengesetzte Richtung zu gehen, quer durch die Horden der Bluter. Im Zentrum der Stadt soll der Ursprung des Bösen liegen, wie im alten Griechenland, als die Zombies schon einmal aufbegehrten. Und wer wenn nicht die wackeren Kämpen können das Böse besiegen, bevor die Bombardierung der Stadt durch die NATO beginnt?
Das Storyboard ist überschaubar, die Dialoge wirken mitunter hölzern (was aber auch an der deutschen Übersetzung liegt, die nicht an ausgelutschten Metaphern spart), aber -hey- das ist es auch nicht, was einen guten Zombie-Film, ausmacht, oder?
Die Splattereffekte sind recht ansehnlich: Rasante Koptabtrennungen, endorphingeschwängerte Schädelzertrümmerungen, opulente Blutfontänen, aus mehreren Öffnungen spritzende Restleiber. Es wird fleißig zerstückelt, aufgespießt, durchbohrt, zertreten, ausgeweidet und tranchiert. Tragen bei manchen Produktionen dieses Genres die Special-Effects budgetbedingt komödiantische Züge, ist das hier nicht der Fall: Die lustigen und lustvollen Elemente in diesem Werk sollen über den Text und die direkte Interaktion der Protagonisten vermittelt werden. Sollen. Doch zunächst zu den gelungenen Momenten des Films – der Soldat, der die neben ihm fliegende Kugel überholt, das Bild eines der Freunde mit Pop Art-Künstler Andy Warhol, (was symbolisieren mag: Selbst wenn die anderen Dir ans Fell -besser: ans Fleisch- wollen, sollte man nicht die Bedeutung der Kunst für die postindustrielle Gesellschaft relativieren), der Blick auf die Sandalen eines laufenden Herolds, der die Botschaft des nahenden Untergangs überbringt (Wer sieht vor dem geistigen Auge da nicht das ferne Marathon?), der Mann, der trotz des Gemetzels um ihn herum Zeit findet, in Ruhe einen Clever-und-Smart-Comic auf dem Scheißhaus zu lesen.
Mit EVIL – IN THE TIME OF HEROES wird uns ein Werk vorgelegt, das das Genre nicht neu erfindet, und das auch dem Kanon der Zombiefilme keine neuen Momente hinzufügt. Böse Zungen mögen daher fragen: Warum hat Noussias diesen Film gemacht? Die Verbindung von Action und Humor kann es nicht sein, denn die findet sich in den einschlägigen Werken des Genres zu Hauf. Vielleicht ist es die Art, wie die Protagonisten der Geschichte auf den Wahnsinn und den Schrecken der Situation reagieren – nämlich unverhältnismäßig. Überlegt, kühl und unerschrocken, ja fast schon gleichgültig stellen sie sich ihren Gegnern, und man könnte denken, wir sehen dem Schichtwechsel in einer Keksfabrik zu. Ist das lustig oder komödiantisch? Oder ein Humor, der seine Fangruppe noch finden muss?
Dabei muss man Petros und Yorgos Noussias eine gehörige Portion Kreativität attestieren, die sich allerdings nicht unbedingt im Plot, den Cliffhangern und den Motiven (was zum Teufel hatten eigentlich die Sniper in diesem Film verloren?) widerspiegeln, dafür aber in den gewählten Kameraeinstellungen: verwackelte Einstellungen mit der Handkamera, Totale, Schwarz-Weiß und Farbe, Vogelperspektive, Akteursperspektive, Weitwinkel, Nahaufnahme mit hoher Intensität. Da hat jemand einiges drauf. Manchmal ist aber weniger mehr. Eigentlich fast immer, so auch hier. Und was dem Film an Tiefe und Story fehlt, machen die Effekte und die Einstellungen leider nicht wett.
Musikalisch bleibt es minimalistisch; die digitalen Klänge treiben den Tag der leben-den Toten scheinbar an. Wenn Gefühle aufkommen, wechselt auch die musikalische Perspektive: Für die liebevolle Zweisamkeit kommt der Bossa Nova ins Spiel.
Für die PhilosophInnen unter uns ließe sich ein interessanter, gesellschaftskritischer Subtext zu finden. Stichworte hier: Griechenland. Geld und Gier. Wenige Ehrliche müssen das Land retten. Das verleiht dem Film fast prophetische Züge. Aber Spaß beiseite: Der Film wirkt nicht billig gemacht – ergo hätte bei dem, was an Mitteln zur Verfügung stand, mehr herauskommen können – die Reminiszenzen an (Genre-)Klassiker oder die kreativen Ingredienzien wiegen den Umstand nicht auf, dass es dem Regisseur nicht gelungen ist, den Film einen Drive zu geben. Zudem kann man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, die Darsteller nehmen sich selbst auf den Arm. Und der Regisseur den Film. Auch und gerade Humor setzt Ernsthaftigkeit in der Beschäftigung mit dem Gegenstand voraus, nur dann werden die komödiantischen Elemente sichtbar.
Leider kommen auch die Pornophilen nicht auf Ihre Kosten – bis auf einen angedeuteten Koitus in voller Soldatenmontur, ein paar Brüsten in vollem Galopp und den Prahlereien eines Totgeweihten ist in dem Streifen tote Hose. Aber wie soll sich auch was regen, wenn permanent eine Zombiecrew nach Nachwuchs sucht.
Schaut man sich die Special-Effects an, scheint das Sequel mit einem höheren Budget ausgestattet gewesen zu sein als sein Vorläufer. Daraus haben Regisseur und Kameramann aber insgesamt zu wenig gemacht. Sicherlich, für eingefleischte Fans ist der Film eine schöne Ergänzung ihrer Zombie-Sammlung. Kein schlechter Film. Aber auch kein guter.
EVIL: IN THE TIME OF HEROES ist über Anolis in einem schicken Mediabook erschienen, das eine DVD wie auch eine Blu-ray enthält. Die limitierte Edition bietet den Film in ungeschnittener Fassung, der deutsche und der griechische Ton sind klar und verständlich. Neben einer Bildergalerie und dem Trailer findet sich ebenso noch ein schön gestaltetes Booklet. Wer Endzeitszenarien mit Untoteneinschlag etwas abgewinnen kann, darf hier bedenkenlos zugreifen.
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To kako – Stin epohi ton iroon, Griechenland 2009, Regie: Yorgos Noussias, Mit: Meletis Georgiadis, Billy Zane, Andreas Kontopoulos, Pepi Moschovakou, Argiris Thanasoulas, Mary Tsoni u.a.
Anbieter: Anolis Entertainment