The Resurrected
Von Jörg Stodolka
Der Erfolg von Stuart Gordons Lovecraft Adaptionen RE-ANIMATOR and FROM BEYOND in den neunzehnhundertachtziger Jahren mag einer der Gründe gewesen sein, warum Regisseur Dan O’Bannon Anfang der Neunziger die Chance bekam, mit einem deutlich höheren Budget ein Projekt zu realisieren, an dem er schon seit zehn Jahren gearbeitet hatte: die Verfilmung von H.P. Lovecrafts „Der Fall Charles Dexter Ward“. Während Gordon mit seinem beiden Mad Scientist Filmen moderne, überaus blutige Neuinterpretationen von Lovecrafts Erzählungen ablieferte, verlegte O’Bannon die Handlung zwar in die Neunziger, inszenierte ansonsten aber einen im besten Sinne altmodischen Film, der nicht selten an die Hoch-Zeit der britischen Hammer Studios erinnert – nicht zuletzt unterstützt durch die dramatische, von Chorpassagen durchsetzte Musik Richard Bands, der auch für die Scores für Gordons Filme verantwortlich zeichnete, aber hier statt Bernard Herrmanns PSYCHO eher Christopher Youngs HELLRAISER Thema abkupfert und mit Goldsmith liebäugelt.
Die Ehefrau Charles Dexter Wards erscheint in einer Detektei und bittet den Ermittler, Nachforschungen über die seltsamen Aktivitäten ihres Mannes anzustellen, der jede freie Minute in einem abgelegenen Anwesen mit mysteriösen Experimenten verbringt und sich ihr mit seiner Heimlichtuerei immer mehr entfremdet hat. Dass ein fauliger Geruch das Gemäuer umweht und die Polizei eine Lieferung Leichenteile an ihn beschlagnahmt hat, trägt auch nicht gerade zur Beruhigung der jungen Frau bei. Bei seinen Nachforschungen stößt der Detektiv auf ein grausiges Geheimnis, das in direktem Zusammenhang zu einer Mordserie mit übel zugerichteten Leichen steht. Die Lösung liegt in den Katakomben tief unter der Erde verborgen.
THE RESURRECTED kommt mit Voice-Over und einer klassischen Ausgangssituation wie ein Film der schwarzen Serie daher. Dessen Gesetzen folgend begleitet der Zuschauer den Detektiv bei seinen Ermittlungen. Da es sich hier jedoch um einen Horrorfilm und keine Kriminalgeschichte handelt, stößt der Detektiv nicht auf Gangster, sondern auf bizarr entstellte Kreaturen als Ergebnisse von Wards misslungenen Experimenten. Damit folgt O’Bannon ganz dem Geist Lovecrafts, der seine Leser auch zur Entdeckung einer fremden Welt einlud, um sie schließlich mit dem absoluten Grauen zu konfrontieren. Lovecraft war immer dann besonders unheimlich, je weniger konkret seine Beschreibungen wurden. Leider konnte O’Bannon die garstigen Kreaturen dann doch nicht komplett dem Schutz der Dunkelheit überlassen, und so bleibt statt der beunruhigenden Projektion der eigenen Urängste doch zumindest der Blick auf handgemachte Monstereffekte. Die mögen nicht immer perfekt daherkommen, haben aber immerhin Stil und unterstützen die angenehm altmodische Atmosphäre des Films.
Das Label ofdbFilmworks hat THE RESURRECTED als ausgesprochen liebevoll gestaltetes dreiteiliges Digipack herausgebracht. Das Bild bietet eine deutliche Verbesserung gegenüber allen bisher erschienenen Versionen, perfekt ist es jedoch immer noch nicht – zu unscharf und konturlos wirkt es besonders bei starken Kontrasten und Nachtaufnahmen. Der deutsche Ton ist unspektakulär, ob in 5.1 oder in 2.0 Stereo. Der englische Originalton ist nur in 2.0 Stereo vorhanden, aber der deutschen Synchronisation klar vorzuziehen. Die Extras können sich sehen und hören lassen: Neben einem englischen, leider nicht untertitelten Audiokommentar der am Film Beteiligten (Produzenten, Drehbuchautor, Special Make-Up Effects Macher und Schauspieler Robert Romanus), deutschen Hintergrundinfos und Analysen von Kai Naumann und Marcus Stiglegger sowie von Jörg Kopetz und Daniel Perée vom Wicked-Vision Magazin gibt es längere Interviews mit Chris Sarandon, Komponist Richard Band, Drehbuchautor Friedman, FX-Macher Masters, Produktionsdesigner Thomas, fast zwanzig Minuten an deleted scenes und eine denkwürdige Aufnahme von Dan O’Bannon’s Dankesrede bei der Verleihung des „Fangoria Chainsaw Awards for Best Independent/Direct-To-Video Feature“ aus dem Jahre 1992 (anmoderiert von Quentin Tarantino). Besonders interessant ist eine Hörspielversion von Lovecrafts Geschichte, die ebenfalls in kompletter Länge enthalten ist. Auch das Booklet, dass auf über achtzig Seiten interessante Hintergründe über Dan O’Bannons Schaffen liefert, weiß zu gefallen. Leider kann sich O’Bannon selbst nicht mehr äußern, der mit seiner Beteiligung an Kultfilmen wie DARK STAR und ALIEN längst eine Kultfigur des Genres ist und neben THE RESURRECTED nur noch den gelungenen RETURN OF THE LIVING DEAD inszenierte. Er starb viel zu früh im Jahre 2007. Diese gelungene Veröffentlichung setzt ihm ein würdiges Denkmal.
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The Resurrected, USA/Kanada 1991, Regie: Dan O’Bannon, Mit: John Terry, Jane Sibbett, Chris Sarandon, Robert Romanus u.a.
Anbieter: OFDb Filmworks