Deathcember - 24 Doors to Hell

Deathcember – 24 Doors to Hell

Von Oliver Schäfer

Horroranthologien gibt es wie Sand am Meer, angefangen beim buchstabenorientierten THE ABCs OF DEATH, über die VHS-Reihe bis zu feiertagszentrierten Werken wie TALES OF HALLOWEEN. Weihnachtsfans können sich nun die Zeit zwischen Weihnachtsbraten und Bescherung mit den 26 Geschichten vertreiben, die DEATHCEMBER im Stil eines Adventskalenders auf dem Gabentisch präsentiert. Grundsätzlich thematisch um die Feiertage herum gebaut, fragt man sich bei dem einen oder anderen Beitrag allerdings schon, wo da die Verbindung zu Weihnachten versteckt ist. Auch die Produktionsqualtität der einzelnen Episoden variiert sehr stark. Während die eine Story den optischen Charme eines Amateurvideos verbreitet, scheint der nächste Kurzfilm mit sehr üppigem Budget ausgestattet zu sein. Aber das ist letztlich auch egal, solange das Ergebnis stimmt.
Naturgemäß gibt es bei Anthologien eine qualitative Bandbreite der einzelnen Kurzfilme – das ist bei DEATHCEMBER nicht anders und vom echten Highlight bis zum öden Totalausfall ist hier so ziemlich jede Qualitätsstufe vertreten. Auf alle Filme einzeln einzugehen würde etwas zu weit führen, daher habe ich mir ein paar Highlights herausgepickt, an die ich mich auch in einigen Wochen noch erinnern werde. Eine Warnung vorweg: Bei wem der Name Ruggero Deodato noch eine CANNIBAL-HOLOCAUST-Saite zum Klingen bringt, sollte sich auf eine herbe Enttäuschung einrichten. Sein hinter Tür 15 versteckter Kurzfilm COSETTA SPERDUTA IN CAMPAGNA ist für mich leider der vollkommen uninspirierte Tiefpunkt des ganzen Unternehmens.

Tür 2: „All Sales Fatal“ von Michael Varrati
Eine rechthaberische Vorstadt-Mutti möchte ein Geschenk umtauschen, hat allerdings nicht mit dem prinzipientreuen Kassierer gerechnet, der den Umtausch ohne Kaufbeleg nicht durchführen will. Aus dem anfänglichen Wortgefecht entwickelt sich eine schön überzogene und ziemlich handgreiflich-blutige Auseinandersetzung, bei der alles zur Waffe wird, was die Kontrahenten in die Finger bekommen. Angesichts manch eskalierender Streiterei um die Coronamaskenpflicht ist ein solches Szenario vielleicht gar nicht mehr so überzogen.

Tür 4: “X-mas On Fire” von Florian Frerichs
Eine gelungene, in Rückblenden erzählte Hommage an Tarantino´s RESERVOIR DOGS. Neonbunt, bleihaltig, blutig und lustigerweise mit Steven E. de Souza in der Hauptrolle – dem Autor klassischer Actionkracher der 1980er und 1990er wie COMMANDO, RUNNING MAN oder 48 HOURS.

Tür 17: „Pig“ von Andreas Marschall
Grelle von “Me Too” inspirierte, in einem Techno-Club angesiedelte Rachegeschichte einer missbrauchten Frau, deren Rache den falschen trifft – oder vielleicht doch nicht? Die Deutung des letzten Dialogsatzes wird sicher je nach Zuschauer unterschiedlich ausfallen. Optisch und erzählerisch gelungen, wenn auch ohne jeglichen weihnachtlichen Bezug.

Tür 18: “They Once Had Horses” von Lucky McKee
Eine schwarz-weiße Cowboy-Lagerfeuer-Monstergeschichte, die für Lucky McKee (MAY) sicher eine hübsche, mit feinem schwarzen Humor überpuderte Fingerübung darstellte.

Tür 23: “Cracker” von John Cook Lynch
Dieser Beitrag kommt (auch technisch sehr gekonnt) direkt aus den 1950ern, überrascht mit greller Optik, perfektem Setting und einem sehr zynischen und blutigen Ende.

Mein persönliches Highlight der Sammlung steckt allerdings hinter Tür 9: “Crappy Christmas: Operation Christmas Child“ von Jürgen Klings
Im Claymation-Stil animierte, sehr überspitzt dargebrachte Kirchenkritik, die sich direkt auf die seit Jahren durch die Presse geisternden Missbrauchsfälle quer durch die katholische Kirche stützt und diese sehr rabiat bebildert. Wer schon immer einen Priester mit einem Riesendildo erschlagen wollte, ist hier genau an der richtigen Adresse.

Gefallen haben mir außerdem:
Tür 5: „Villancicos“ von Isaac Ezban
Tür 8: “Family matters” von Steve de Roover
Tür 22: “Before sundown” von Jason A. Rostovsky
Und der im Abspann untergebrachte
Tür 25: „Christmas Corp.se“ von Annika Marx & Dominik Ostler


Für Horrorfreunde eine gelungene Erweiterung fürs Filmregal.

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Deathcember – 24 Doors to Hell | Deutschland 2019 | Regie: Annika Marx, Dominic Saxl, Florian Frerichs, Steve De Roover, Ruggero Deodato, Réné Frechette, Trent Haaga, Ama Lea, Sang-woo Lee, John Lynch, Andreas Marschall, Lucky McKee, Chelsea Peters, Jason A. Rostovsky, Vivienne Vaughn, Sam Wineman, Lazar Bodroza, Sonia Escolano, Isaac Ezban, Sadrac González-Perellón, Jürgen Kling, R. Zachary Shildwachter, Milan Todorovic, Michael Varrati | Produktion: Dominic Saxl, Ivo Scheloske, Frank Vogt | Musik: Andrew Scott Bell | Darsteller: Barbara Crampton, Jeffrey Reddick, Steven E. de Souza, A.J. Bowen, Peter Stickles, Sean Bridgers, Justin Stone

Anbieter: Busch Media Group