La Mante

La Mante

Von Shamway

Seit den 80er Jahren sind Serial-Killer-Filme (und seit etwas jüngerer Zeit SK-Serien) nicht mehr wegzudenken aus den Kriminalfilm- und Thrillergenres. Auch wenn man vermeintlich „alles schon gesehen“ hat, bieten Serienmörder die Chance, Zuschauer in permanenter Aufregung zu halten, indem sie sie von Mord zu Mord jagen. Das schafft auch die sechsteilige französische Serie LA MANTE (2017), sobald man die erste Folge mal hinter sich gebracht hat.

Ein Serienkiller verunsichert Frankreich mit grausamen Morden, die exakt den Morden der berühmten Serienkillerin Jeanne Deber, genannt „La Mante“ („Die Gottesanbeterin“), nachgestellt sind. In ihrer Verzweiflung bittet die Polizei Jeanne Deber selbst (Carole Bouquet) um Hilfe, die zusagt und sich nebst einer Luxusvilla als Gefängnis auch ausbedingt, dass ihr Sohn Damien Carrot (Fred Testot), Kriminalpolizist, den Fall leitet. Der ist nicht glücklich darüber, hat er die Vergangenheit seiner schändlichen Mutter doch ein Leben lang verleugnet. Selbst seine Frau Lucie (Manon Azem) weiss nichts über die dunklen Familienangelegenheiten.

Doch die Zeit drängt. Der Copycat-Killer schlägt wieder zu. Mit Insiderwissen, das aus der Presse nicht bekannt sein kann, stellt er atemberaubende Details der längst vergangenen Morde nach und kennt selbst familiäre Geheimnisse. Während Jeannes grausame Morde vor über 20 Jahren immer auf menschliche Bestien abzielten, die es nach Jeannes Meinung „verdient haben“, in Selbstjustiz grausam getötet zu werden, ist man sich beim Copycat-Killer nicht immer ganz sicher. Hier werden vermeintliche moralische Anliegen höchstens behauptet. Dass die Motive der immer wieder schrecklichen Morde in den Hintergrund rücken, macht aber auch für die Serie Sinn, denn in den Vordergrund drängen sich immer mehr familiäre Strukturen.

Schon bald stellt sich heraus, dass Jeannes erster Mord überhaupt ein bisher undokumentierter war: Sie tötete ihren Ehemann, der sowohl zu ihr wie zum Kind Damien in grausamer Weise mental wie körperlich übergriffig war. Das hat Signalcharakter: Gewalt in der Familie reproduziert sich. Mehr sei dazu nicht gesagt, außer die Folgerung, dass genau so, wie ein Copycat-Killer Gewalt bzw. Morde „nachmacht“, auch Gewalt in Familien weiter gegeben und nachgemacht wird. Insofern – das sei vorweggenommen – bietet LA MANTE einen äußerst schlüssigen, in sich geschlossenen Plot.

Auch das Spannungslevel ist hoch und manche Morde und Beinahe-Morde sind einem sanften Gemüt fast nicht zuzumuten. Nicht, dass es sich um lange „Szenen“ handeln würde – viel mehr werden (wie in Serien à la DIE BRÜCKE üblich) Opfer-Bilder generiert, die sich im Zuschauerhirn festsetzen können. Blutüberströmte Körper in außergewöhnlichen Situationen und Stellungen. Zwei, dreimal zu oft wird auch das große Vorbild DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER etwas zu deutlich zitiert, so dass Genuss und Originalität der Serie doch ein wenig leiden. Und natürlich sind auch manche Ereignisse dann doch sehr an den Haaren herbeigezogen, was im Serienmörder-Genre ohnehin Standard ist. Trotzdem: Schön, wie manche Familienmitglieder unter dem klassischen Wohlfühl-Gesichtspunkt eingeführt werden und später auch ihren Teil an die kranke Familienpsyche beitragen.

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La Mante, Frankreich 2017 | Regie: Alexandre Lautent | Idee und Drehbuch: Alice Chegaray-Breugnot, Grégoire Demaison, Nicolas Jean, Laurent Vivier | Darsteller: Carole Bouquet, Fred Testot, Pascal Demolon, Manon Azem, Elodie Navarre, Jacques Weber, Frédérique Bel u.a. | Laufzeit: 6 x 52 Minuten