Stelvio CIpriani: Solamente Nero / GuIdo & Maurizio de Angelis: Keoma & Il cacciatore di squali

Stelvio CIpriani: Solamente Nero / GuIdo & Maurizio de Angelis: Keoma & Il cacciatore di squali

Von Guy Montag

Dem rührigen Label Chris‘ Soundtracks Corner ist es zu danken, dass der geneigte Fan auch in Krisenzeiten regelmäßig mit Soundtracks aus dem „silver age“ der italienischen Filmindustrie versorgt wird. Der neueste Streich aus dem Berliner Büro der Macher ist ein Double Feature, in dem sich einige der legendärsten Tonsetzer aus dem Land der Pasta ein Stelldichein geben.

SolamenteNero_PosterRegisseur Antonio Bido wollte für seinen Gialloklassiker SOLAMENTE NERO (1978) eigentlich die legendäre Prog-Rock-Gruppe Goblin verpflichten. Alle Beteiligten, zuvorderst Gründungsmitglied Claudio Simonetti, fanden die Idee hervorragend, nur die Plattenfirma machte damals nicht mit. So spielte man ‚über Bande‘ und heuerte Stelvio Cipriani an, einen der bekanntesten Filmkomponisten damaliger Zeit, der sich mit seinen Arbeiten für ANONIMO VENEZIANO (1970) oder LA POLIZIA CHIEDE AIUTO (1974) Weltruhm erspielt hatte. Er schrieb nun seine Melodien für Bidos Thriller, Goblin spielte sie ein – ohne Namensnennung, aber dem Kenner schon nach wenigen Takten sehr vertraut. Beider Stile sind deutlich verifizierbar, geben jedoch ein sehr rundes Gesamtbild ab. Ciprianis Melodien und für ihn typische Discoshuffles vermengen sich mit dem fetten, an PROFONDO ROSSO (1975) gemahnenden Rock der Proto-Funker, deren fiepend-hochtönende Moog-Synthesizerlinien sich keck auf das Gezeigte legen. Ob nun wabernde Klangcollagen, kindliche Pianospielereien, romantische E-Pianoschmuser oder fetzige Beatfeger – in dieser eigenwilligen Mischung verbergen sich ständige Überraschungen. Das Release sticht die bereits erschienene, lange ausverkaufte und entsprechend selten zu ergatternde CD durch zusammengefasste Tracks aus, da hierdurch ein besseres Hörempfinden gewährleistet ist.

Keoma_PosterEinen Doppelschlag ganz anderer Art offerierten die Brüder Guido & Maurizio de Angelis, in mehrfacher Hinsicht. Zunächst mal gehörten sie zu den produktivsten Filmmusikern, verbuchten dank ihrer Titelmelodien für diverse Spencer-/Hill-Filme auch mehr als einen Charthit in ganz Europa. Aber auch ihr filmisches Portfolio war breit gefächert, jedes Genre profitierte von ihrer schier unendlichen Kreativität. Regisseur Enzo G. Castellari war ein besonderer Fan der beiden, glatt zehn seiner Filme vertraute er ihnen zur Vertonung an. Der dreckige Endzeit-Italowestern KEOMA (1976) stellt sicher die populärste Zusammenarbeit dar. Hatten Songs von Leonard Cohen und Bob Dylan Castellari beim Schnitt beeinflusst, so bat er die beiden Brüder in diesem Stil zu komponieren. Heraus kam ein ungemein stimmungsvoller Score, mit Vokaltracks und kraftvollen Gitarrensounds. Die charakteristischen Mundharmonikapassagen steuerte Franco de Gemini bei, der schon mit C’ERA UNA VOLTA IL WEST (1968) unsterblich geworden war.

SolamenteNero_2Für IL CACCIATORE DI SQUALI (1979), ein launiges Rip-Off von Steven Spielbergs JAWS (1975), versuchten Guido & Maurizio gar nicht erst, John Williams epischen Soundtrack übertrumpfen zu wollen. Sie wählten einen anderen Ansatz, stellten dem Score einen flippigen Discostomper voran, dem sie selber einen in Falsettgesang vorgetragenen Text unterlegten. Für das amüsierende Strandelement wilderten sie im klassischen Sound ihrer Komödien, die vorwiegend unter Wasser stattfindenden Actionszenen peppten sie mit schwirrenden Soundeffekten und hämmernden Klavierakkorden auf – eine bisweilen überblasene Flöte tat ihr Übriges dazu, dass auch dieser Schnellschuss aus der damals schon krisengeschüttelten Filmindustrie hervorragend klang. Wieder einmal bewiesen sie, dass die Musik dem Film eine große Hilfe sein kann – und dass ein Doppelschlag aus den beiden de Angelis-Brüdern noch jedem Filmmusikliebhaber sorgenfreie Stunden voller Musikgenuss und Vielfältigkeit bereiten wird.

Keoma_1Für alle Soundtrack-Fans ist der Kauf dieser beiden Tonträger eine lohnenswerte Anschaffung, die in keinem Regal fehlen sollte. Im Gegensatz zu den bisher erschienenen Veröffentlichungen, bieten diese Auflagen ein Mastering der originalen Bänder auf dem neuesten Stand der Möglichkeiten und sind darüber hinaus vollständig lizensiert. Wie immer bei Chris‘ Soundtrack Corner werden die CDs durch die liebevoll gestaltete und von Aletta Heinsohn erdachte Aufmachung, elegante Booklets und ausführlich-fundierte, hier von Randall D. Larson stammende, Liner Notes abgerundet.

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Stelvio Cipriani – Solamente Nero (Blutige Schatten), CD CSC 027, D 2018 / Guido & Maurizio de Angelis – Keoma (Keoma – Ein Mann wie ein Tornado) & Il Cacciatore di Squali (Dschungel-Django), CD CSC 029, D 2018

Anbieter: Chris’ Soundtrack Corner