Maps to the Stars

Maps to the Stars

Von Sir Real

Nach seinem vollkommen verunglückten COSMOPOLIS macht der kanadische Meister fleischlicher und psychischer Abgründe (DIE FLIEGE) wieder sehr viel mehr richtig. Don DeLillos Finanzfarce konnte David Cronenberg nicht angemessen bebildern, Bruce Wagners Script hingegen richtet er als extracooles Säurebad an – als hätte Bret Easton Ellis einen postmodernen BOULEVARD DER DÄMMERUNG verfasst, mit Hang zum Spirituellen.

maps.to.the.stars.2014.coverDie brandvernarbte Agatha trifft in Los Angeles ein, lernt Star-Chauffeur Jersome kennen und beginnt für die alternde Diva Havanna zu jobben. Doch eigentlich will die von ihrer Familie Verstoßene und Verschwiegene Kontakt zu ihrem Bruder Benji, einem Kinderstar, sowie ihren Eltern Stafford und Christina aufnehmen.

Die Verdorbenheiten Tinseltowns schreitet Cronenberg furios in einem Walk of Shame ab. Meisterlich kühl seziert er das Filmgeschäft, indem er ein Ensemble auffährt, das ausnahmslos einen Schaden hat. Seine Studie psychischer Verfassungen betrachtet subtil und komplex, aber auch böse und in perfekt-provokanten Dialogen mit Adult-Obszönitäten die verlogenen Heuchler, Zyniker, Pillenschlucker, Misanthropen. Und die Noch-Träumer.

Robert Pattinson betreibt als Chauffeur Wiedergutmachung für seinen COSMOPOLIS-Part, Mia Wasikowska (SPUREN) ist die unschuldige Schuldige, John Cusack und Olivia Williams sind stark als ihre Eltern. Aber Julianne Moore (NON-STOP) stiehlt ihnen locker die Show als larmoyant-durchtriebene Norma Desmond und Nachwuchsmime Evan Bird brilliert als sarkastischer Justin-Bieber-Verschnitt, ein lebendes Franchise.

Seine vollendet kaputte Familie und ihre inzestuösen Skandal-Geheimnisse – sie sind Sinnbild für Hollywood. Aber ihre psychotische Tragik lässt leider ziemlich kalt. Cronenberg mischt schneidende Sottise und mörderisches Psychodrama, verdichtet sie nur nicht zum Alptraum eines Lynch oder Abgesang eines Wilder. Sein motivisch um Feuer kreisendes Porträt der von Geistern heimgesuchten Monster ist elegant, aber unterkühlt.

Erschienen auf Komm & Sieh

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Maps to the Stars, Kanada/USA/Deutschland/Frankreich 2014 | Regie: David Cronenberg, Buch: Bruce Wagner | Mit: Robert Pattinson, Mia Wasikowska, Julianne Moore, u.a. | Laufzeit: 111 Minuten, Verleih: MFA (Kinostart: 11.09.2014).