Der Dieb von Bagdad

Der Dieb von Bagdad

Von Gerd Naumann

DER DIEB VON BADGAD (THE THIEF OF BADGAD, 1940) ist ein legendärer Film, an dessen Entstehung nicht weniger als sechs Regisseure beteiligt waren. Eine farbenfrohe, naive und unbeschwerte Mammutproduktion, wie es sie nie wieder gegeben hat. Sie steht in einer Reihe monumentaler Werke, die Alexander Korda in den 1930er und 1940er Jahren in Großbritannien produzierte. Ebenso wie in den Korda-Produktionen DAS DSCHUNGELBUCH (1942) und ELEFANTENJUNGE (1937) übernahm auch hier die indische Entdeckung Sabu eine tragende Rolle. Filmhistorisch ist der Film bereits deswegen interessant, weil sich die weltpolitischen Koordinaten im Laufe der Dreharbeiten von Grund auf änderten. Als der Weltkrieg ausbrach, bekam die Besetzung des Bösewichts Jaffar mit dem Deutschen Conrad Veidt eine ungewollte Bedeutungserweiterung. Nicht von ungefähr erinnert das manische Spiel Veidts an das Gebaren des so genannten Führers. Während es nun aber im Märchen üblich ist, dass das Gute über das Böse siegt, und auch Jaffar mit dem Leben büßen muss, war in jenen Tagen noch alles offen…

Bildschirmfoto Dieb von BagdadDie Geschichte spielt im mythologischen Umfeld von Tausendundeine Nacht und ist lediglich die Folie für zahlreiche tricktechnische Effekte und phantasievolle Einfälle. Die Liebesgeschichte zwischen dem Bettler und der Kalifentochter gehört ebenso zum dramaturgischen Inventar wie der Auftritt des Flaschengeistes, der mehrarmigen silbernen Frau oder der kolossalen Spinne. Die wuchtige Orchestermusik von Miklós Rózsa, viel später unter anderem auch für QUO VADIS? und BEN HUR charakteristisch, atmet den Geist unbeschwerter Kinojahre. Die strahlenden Technicolor-Farben kommen in der vorliegenden
Abtastung phänomenal zur Geltung, was auch für den Ton gilt. Sowohl die deutsche als auch die englische Fassung klingen dem Alter angemessen sauber und klar. Die deutsche Synchronfassung ist darüber hinaus eine Kostbarkeit. Diese entstand 1949 bei der Berliner Mars Film im Auftrag der Deutsche London, es sprechen hier Theatergrößen wie Klaus Schwarzkopf oder Wilhelm Borchert.

DIEB 03Erschienen ist die neue Blu-ray-Auflage abermals von Anolis Entertainment. Es ist Anolis hoch anzurechnen, dass für die Abtastung die alten deutschen Vor- und Abspanntitel beibehalten wurden. Diese sorgen nicht nur für zusätzliches nostalgisches Flair, sondern gehören bei einer solchen Produktion einfach mit dazu. Das Verschwinden eingedeutschter Titel ist ein beklagenswerter kultureller Verlust, da sie vom Zauber der Projektion zeugen, der für Filmvorführungen einstmals charakteristisch war. Eben dieser Zauber ist es auch, der durch diese wundervolle Neuauflage wieder entsteht. Was macht es, wenn mancher tricktechnischer Effekt aus heutiger Sicht als solcher zu erkennen ist, wenn wir uns von einem Film an der Hand nehmen und in andere, fantasiereiche Welten entführen lassen. So mancher Blockbuster vergangener Jahre ist mittlerweile vergessen, doch bestimmte Filme haben Bestand – DER DIEB VON BADGAD ist einer davon.

DIEB 01Einige der Extras sind bereits von früheren Veröffentlichungen bekannt, etwa der Audiokommentar von Rolf Giesen oder die lange Dokumentation SABU – DER ELEFANTENJUNGE. Als neuer und bereichernder Bonus erweist sich Giesens Videoessay GESCHICHTE, GEGENWART UND ZUKUNFT DER SPEZIALEFFEKTE. Wie gewohnt also eine beispielhafte Veröffentlichung aus dem Hause Anolis, die vorbehaltlos empfohlen werden kann.

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The Thief of Bagdad | GB 1940 | Regie: Ludwig Berger, Michael Powell, Tim Whelan, Alexander Korda, Zoltan Korda, William Cameron Menzies | Darsteller: Conrad Veidt, Sabu, June Duprez, John Justin, Rex Ingram, Miles Malleson, Morton Selten, Mary Morris u.a.

Anbieter: Anolis Entertainment