The night comes for us

The night comes for us

Von Oliver Schäfer

Ito (Joe Taslim – THE RAID) ist einer von sechs Elite-Killern der südostasiatischen Triaden, auch bekannt als die „Sechs Meere“. Bei einer Strafaktion gegen ein sich den Triaden widersetzendes Dorf soll die gesamte Bevölkerung hingerichtet werden. Vor der Erschießung des kleinen Mädchens Reina schreckt Ito aber zurück, erschießt stattdessen die anderen Killer und entscheidet sich, das Triadenleben hinter sich zu lassen.

NightComesForUs_PosterEr kehrt nach Jakarta zurück und versteckt Reina in der Wohnung seiner Ex-Freundin Shinta. Sie behandelt seine Wunden und ruft Fatih an, der früher ein Mitglied von Itos Bande war. Fatih bringt alle in seine eigene Wohnung, wo Ito auf Wisnu und den Junkie Bobby trifft – den Rest seiner alten Gang. Mit neuen falschen Pässen wollen Ito, Reina und Shinta das Land verlassen, um der Rache der Triaden zu entgehen.

Die haben mittlerweile Arian (Iko Uwais – THE RAID), ebenfalls ein Mitglied von Itos alter Gang, auf Ito und besonders die kleine Reina angesetzt. Zwischen seinen Pflichten den Triaden gegenüber und der gemeinsamen Vergangenheit mit Ito hin und her gerissen, macht sich Arian schließlich auf nach Jakarta, um Ito und Reina zu stellen.

NightComesForUs_3Joe Taslim und Iko Uwais haben in Gareth Edwards THE RAID noch gemeinsam gegen die Bösen gekämpft. Hier treten sie, wenn auch unfreiwillig, gegeneinander an, allerdings mit ähnlich handgreiflichen und blutigen Resultaten.

Regisseur Timo Tjahjanto hat mit Uwais bereits 2016 den Film HEADSHOT gedreht, der schon die für indonesische Produktionen bekannte Brutalität an den Tag legte. Hier zieht Tjahjanto die Schraube noch etwas weiter an und vermeidet die Längen, die den Vorgänger HEADSHOT gelegentlich ausbremsten.

NightComesForUs_5Der Film ist ein zweistündiges, praktisch ununterbrochenes Actionfeuerwerk, dessen Brutalität kaum noch zu toppen sein dürfte. Erstaunlich sind dabei die Tricktechnik und die technische Virtuosität der Effekt- und MakeUp-Spezialisten, die üble Wunden und ähnliche Unannehmlichkeiten „in camera“ und ohne Schnitt auf die Leinwand gezaubert haben. Hier wird sicherlich an mancher Stelle CGI unterstützt haben, aber das Ergebnis ist ausgesprochen „echt“.
Filmfreunde mit empfindlichen Mägen seien gewarnt, denn hier verschwimmen teilweise die Grenzen zwischen Martial Arts und Horror.

NightComesForUs_4Die Kampfchoreographie von Iko Uwais ist phänomenal. Schnell, hart, abwechslungsreich zaubert Uwais hier immer neue Varianten aus dem Hut, wie man Leute auf besonders schmerzvolle Art und Weise vermöbeln kann. Wie schon in THE RAID haben es die Kämpfer hier zum Teil mit einem ganzen Raum voller Gegner zu tun, die gern mit Macheten um sich hacken oder alles, was man sonst in die Finger bekommt, zu einer Waffe machen. Im Gegensatz zu den oft schlimm gefilmten und am Schneidetisch zusammengestoppelten Kampfszenen amerikanischer Actionfilme sind hier die Akteure immer voll im Bild und prügeln sich höchst glaubwürdig durch die Geschichte. Zwischendurch fragt man sich beim Ansehen, wie viele Stuntleute wohl mit schweren Verletzungen im Krankenhaus gelandet sind, denn die Kampfszenen und sonstigen Stunteinsätze sind ziemlich haarsträubend.

Die Story ist schlicht, aber stimmig gestrickt, was bei all der atemlosen Action und den Eimern verspritzten Kunst- und Digitalblutes aber eh Nebensache sein dürfte. Niemand wird bei diesem Titel und dieser Besetzung eine tiefergehende Charakterstudie erwarten. Die Darsteller agieren kompetent und überzeugend auch in den wenigen ruhigeren Momenten, während die sparsamen Dialoge knapp die Dinge erzählen, die für das Verständnis der Geschichte notwendig sind.

NightComesForUs_1Wer sich von wirklich extremer Gewalt nicht abschrecken lässt, wird hier mit einem echten Action-Highlight beglückt. Wenn nun noch eine etwas komplexere und weniger schematische Geschichte erzählt würde, wäre mein Grinsen beim Beginn des Abspanns noch breiter gewesen.
So oder so, dieser Film könnte ein Klassiker des Martial Arts Kinos werden.

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The Night Comes For Us, Indonesien/USA 2018 | Regie: Timo Tjahjanto | Drehbuch: Timo Tjahjanto | Musik: Fajar Yuskemal, Aria Prayogi | Kamera: Gunnar Nimpuno | Schnitt: Arifin Cuunk | Produktion: Timo Tjahjanto, Todd Brown, Wicky V. Olindo, Sukhdev Singh, Nick Spicer, Kimo Stamboel, Mike Wiluan | Darsteller: Joe Taslim, Iko Uwais, Julie Estelle, Zack Lee, Sunny Pang, Salvita Decorte | Laufzeit: 121 Min.