Overlord

Overlord

Von Oliver Schäfer

Am Vortag des D-Day soll eine kleine amerikanische Soldatentruppe einen deutschen Sender ausschalten, der die Operation „Overlord“ in der Normandie in Gefahr bringen könnte.
Ihr Flugzeug wird abgeschossen und die wenigen Überlebenden sammeln sich unter dem Kommando von Corporal Ford in einem von deutschen Truppen besetzten französischen Dörfchen unterhalb des Sendemastes, den sie zerstören sollen. Bei der Erkundung der Umgebung gerät Private Boyce in Bedrängnis, versteckt sich in einem LKW und landet mitten im unterirdischen Lager der Deutschen. Dort macht er eine schockierende Entdeckung und der ursprüngliche Auftrag erhält plötzlich eine ganz neue Dringlichkeit.

Overlord_PosterGute Amerikaner, böse Nazis, Experimente an Menschen, Mutanten und eine Menge Blut – das sind die Ingredienzen, aus denen auch Filme wie Tommy Wirkolas DEAD SNOW oder Michael Manns THE KEEP bestehen. Die Co-Autoren Billy Ray (CAPTAIN PHILLIPS) und Mark L. Smith (THE REVENANT), haben die Zutaten neu zusammengerührt, und Regisseur Julius Avery, der erstmals 2014 mit dem soliden SON OF A GUN auf sich aufmerksam machte, hat daraus ein ausgesprochen unterhaltsames, actionreiches, üppig bebildertes und ziemlich blutiges Spektakel gezaubert.

Der Film sieht erheblich teurer aus als es das Budget von 35 Millionen Dollar erwarten lässt. Hier scheint jeder Dollar auf der Leinwand gelandet zu sein und es wird optisch allerhand geboten, angefangen bei der bombastischen Eingangssequenz mit einer Unzahl von Flugzeugen, über das unterirdische Nazi-Setting bis zu den einfallsreichen Monstern und gut choreografierten Kampfszenen. Manche Effektsequenz erinnert erfreulich an Carpenters THE THING.

Overlord_6Das Personal besteht dabei aus erprobten Filmklischees. Der unerfahrene Frischling Boyce (Jovan Adepo – THE LEFTOVERS / FENCES), der bislang nicht mal eine Maus töten konnte und nun im Kampf erwachsen werden muss; der harte und schweigsame Corporal Ford (Wyatt Russell – SHIMMER LAKE – im MacReady-Modus seines Vaters Kurt), der nur das Ziel der Mission vor Augen hat und sich dafür selbst opfern würde; die junge Französin Chloe (Mathilde Ollivier), die ihnen hilft, um ihren kleinen Bruder zu beschützen. Dazu kommen der nie um einen flapsigen Spruch verlegene Private Tibbet (John Magaro – WAR MACHINE) und der Kriegsfotograf Chase (Iain De Caestecker – LOST RIVER), der allein keine 5 Minuten überleben würde. Die Krönung bietet Pilou Asbeak (A WAR), der jede Sekunde als SS-Mann Wafner auskostet. Alle zusammen geben ein meist überzeugendes Ensemble ab, unterstützt von allerhand holzschnittartigen Nazischergen, die jeden amerikanischen WW2-Film aus den Sechzigern stolz gemacht hätten.

Overlord_5Der wüste Genremix aus Kommandounternehmen und Zombieschlachtfest funktioniert ziemlich gut, zumindest wenn man es schafft, sich über Fragen der Logik keine weiteren Gedanken zu machen. Etwas anstrengend ist hin und wieder Private Boyces Neigung, sich gedankenlos in jede gefährliche Situation zu stürzen, hinter jeden Vorhang zu schauen, von der Decke hängende und sich bewegende Säcke zu öffnen und unbekannte Mixturen in Körper zu spritzen, ohne je über die Folgen nachzudenken. Auch die ständigen Wortgeplänkel zwischen Private Tibbet und den anderen GIs stoßen manchmal an ihre Grenzen.

Overlord_2Abgesehen von diesen Kleinigkeiten, macht OVERLORD allerdings eine Menge Spaß. J.J. Abrams, der ja schon mehrfach im Rahmen der lose zusammenhängenden CLOVERFIELD-Reihe originelle Fingerübungen von aufstrebenden Regisseuren finanzierte, hat diesmal dem Australier Julius Avery das US-Debut finanziert. Und da er diesen Nazihorrormischmasch ziemlich gut hinbekommen hat, dürfen wir uns nach aktuellem Stand nun auf sein Remake des 80er Trashklassikers FLASH GORDON freuen.

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Operation: Overlord, USA 2018 | Regie: Julius Avery | Drehbuch: Billy Ray, Mark L. Smith nach einer Story von Billy Ray | Musik: Jed Kurzel | Kamera: Laurie Rose, Fabian Wagner | Schnitt: Matt Evans | Produktion: J.J. Abrams, Lindsey Weber | Darsteller: Jovan Adepo, Wyatt Russell, Mathilde Ollivier, Pilou Asbaek, John Magaro, Iain De Caestecker, Jacob Anderson, Dominic Applewhite, Bokeem Woodbine | Laufzeit: 110 Min.