Missing

Missing

Von Rudi Specht

Sieben Menschen erwachen nachts in einer nur mit ihnen besetzten fliegenden Boing 727 hoch über den Wolken. Keiner von Ihnen weiß, wie sie an Bord gekommen sind oder was das Ziel der Reise sein könnte. Das Cockpit ist versperrt, Kontakt zu den möglichen Piloten gibt es nicht. Der amerikanische Regisseur Brad Osbourne, der sich seine Sporen vor allem als Dokumentar- und Fernsehfilmer verdient hat, schafft hier ein Anfangsszenario, wie es alptraumhafter nicht sein könnte.

Cover-MISSINGIn klaustrophobischen, kammerspielartigen Bildern, bei denen die Kamera den Innenraum des Flugzeugs niemals verlässt, erfahren wir als Zuschauer nur das, was auch die Protagonisten im Film mühsam in Erfahrung bringen können. Über ein absichtlich im Flugzeug platziertes Handy erleben sie, wie in der Live-Sendung eines Nachrichtensenders ein Angriff auf die USA verkündet wird, dass alle großen Städte des Landes dem Erdboden gleichgemacht wurden. Ein geheimer Plan der US-Regierung sieht in diesem Falle vor, dass die wichtigsten Menschen des Landes in speziellen Flugzeugen weit über dem Gefahrengebiet in Sicherheit gebracht werden. Dies teilt den unfreiwilligen Passagieren ein Regierungsbediensteter mit, der eigentlich ebenfalls in diesem Flugzeug sitzen sollte und für seine Familie vorsorglich das Handy bereits an Ort und Stelle deponiert hat. Doch offenbar sind im Falle dieses Rettungsfliegers Fehler gemacht worden, wie der Beamte wissen lässt, so dass die Maschine nicht voll besetzt ist und außerdem neben doch einigen wichtigen Menschen auch noch der Trucker Cole und die Hausfrau Belinda an Bord sind. Der Zielflughafen, der in den Befehlen der Piloten ausgegeben wurde, existiert ebenfalls nicht mehr. Da aber absolute Funkstille oberste Priorität hat, verhallen die Funksprüche des Regierungsbeamten an die beiden Piloten, die den Flug umleiten sollten, ungehört im Äther und auch der Kontakt zu den Passagieren ist den Piloten untersagt. Sollte der Versuch unternommen werden, das Cockpit mit Gewalt zu öffnen, haben die Piloten Anweisung zu schießen. Hausfrau Belinda derweil entpuppt sich als Mitglied der Spezialeinheiten, deren Aufgabe es war, die Würdenträger an Bord zu bringen. Angesichts des drohenden Ablebens und der nahezu unbesetzten Maschine entschloss sie sich jedoch dazu, ihren Arbeitskollegen als Mitwisser zu beseitigen und in dem Flugzeug zu verbleiben. Ihr ist aus persönlichem Interesse daran gelegen, dass die Erstürmung des Cockpits nicht gelingt. Nachdem Belinda gemeinschaftlich überwältigt wurde, beschließen die Passagiere, da der Innenraum des Flugzeugs mit Kameras aus dem Cockpit überwacht wird, die Piloten mit einer Bombenattrappe zum Verlassen der Flugkanzel zu bewegen.

MISSING-01Mehr möchte und kann ich an dieser Stelle nicht verraten, da ich den Film tatsächlich als sehenswert erachte und potentiellen Filmzuschauern nichts vorwegnehmen möchte. Dramaturgisch ist die Handlung klug und dabei leicht verständlich aufgebaut. Logische Schwächen kommen vor, fallen aber nicht allzu sehr ins Gewicht. Das Schauspielensemble, – und aufgrund der Gewichtung der Charaktere kann man hier getrost von einem waschechten Ensemblefilm in der Art von Sidney Lumets DIE ZWÖLF GESCHWORENEN (USA 1957) sprechen – ist ausnahmslos hervorragend, obwohl – oder vielleicht gerade weil – es durchweg aus relativ unbekannten Gesichtern besteht. Anthony Montgomery , der den Trucker Cole darstellt, ist vielleicht noch den Science-Fiction-Fans als Tray Mayweather aus der Fernsehserie STAR TREK: ENTERPRISE (USA 2001-2005) bekannt, während beispielsweise Ian Sinclair, der fantastisch präsent den Hacker Aden im Film gibt, vornehmlich als Synchronsprecher für japanische Zeichentrickserien (DRAGON BALL Z, ONE PIECE, DETEKTIV CONAN) und Videospiele (zuletzt STREET FIGHTER V und BATTLEBORN) aktiv ist.

MISSING-02Sogar, und die kleine Spitze möge erlaubt sein, die Synchronisation ist bei dieser DVD aus dem Vertriebshaus Mad Dimension gelungen. So darf es gern weiter gehen. Einen kleinen Wermutstropfen bildet allerdings der Schluss des Films, bei dem man sich wohl entweder nicht entscheiden konnte, wie die Geschichte enden sollte oder es als ein herausragendes Stilelement empfindet, den Film einfach ohne Auflösung enden zu lassen. Zwar ist der Film nicht „der beste Film, den ich in diesem Jahr gesehen habe“ (Zitat DVD-Cover), aber er ist definitiv nicht der Schlechteste und bleibt eher positiv in Erinnerung.

Wind Nordost, Startbahn Null Drei… Über den Wolken kann auch ein Kammerspiel sehenswert sein.

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Missing, USA 2013, R: Brad Osborne, D: Anthony Montgomery, Ian Sinclar, Brina Palencia, Michelle Sherrill, Leslie Hippensteel

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