Die Todeskarten des Dr. Schreck

Die Todeskarten des Dr. Schreck

Von Gerd Naumann

Mit DR. TERROR´S HOUSE OF HORRORS (DIE TODESKARTEN DES DR. SCHRECK, 1964) betritt ein neues Label die deutsche Heimkinobühne. Wicked-Vision Media wird künftig, und das ist sicherlich nicht zu hoch gegriffen, eine wichtige Rolle bei der Veröffentlichung hochgeschätzter Filmperlen im deutschsprachigen Raum innehaben. DR. TERROR´S HOUSE OF HORRORS von Freddie Francis ist nicht nur einer der gelungensten Episodengruselfilme überhaupt, sondern auch eine Blaupause für vergleichbare Produktionen kommender Jahrzehnte. SCHRECK-CoverWie viele phantastische Episodenfilme der 1960er und 1970er Jahre stammt auch dieser von der Produktionsfirma Amicus, entsprechend finden sich hier viele bekannte und geschätzte Stars des englischen Kinos. Zu nennen sind unter anderem Peter Cushing in der Rolle des undurchsichtigen Kartenlegers, Christopher Lee als snobistischer Kunstkritiker oder ein junger Donald Sutherland, den wir hier in einer seiner ersten Filmrollen überhaupt erleben dürfen. Für Amicus war es der erste Episodenfilm, weitere Produktionen wie TORTURE GARDEN (DER FOLTERGARTEN DES DR. DIABOLO, 1967) oder THE HOUSE THAT DRIPPED BLOOD (TOTENTANZ DER VAMPIRE, 1971) folgten. Auch hier nahm wiederum der Routinier Freddie Francis auf dem Regiestuhl Platz. Während die Drehbücher zu den zwei letztgenannten Filmen von niemand geringerem als dem bekannten Autor Robert Bloch stammten, zeichnete Amicus-Produzent Milton Subotsky bei DR. TERROR´S HOUSE OF HORRORS für das Skript verantwortlich.

SCHRECK-02Um nicht zu viel zu verraten sei zu den Episoden lediglich gesagt, dass diese eine inhaltliche Bandbreite von der Voodoo-Thematik über das Werwolf-Motiv bis hin zu Vampiren abdecken. Hauptpersonen sind jeweils jene Fahrgäste, die sich während einer langen Zugfahrt das Abteil mit dem mysteriösen Doktor Schreck teilen. Der von Genreikone Peter Cushing gespielte Schreck gibt vor, Doktor der Metaphysik zu sein und irritiert die Gäste durch den Gebrauch von Tarotkarten. Jeder der Anwesenden wird dazu angehalten, eine Karte zu ziehen, damit Schreck ihm die Zukunft voraussagen kann. Da die von ihm erzählten Geschichten sich am Ende unweigerlich dramatisch zuspitzen und für die Beteiligten ein unangenehmes Ende bereithalten, werden die Fahrgäste zunehmend nervös. Lässt sich das von Schreck vorausgesagte Schicksal noch ändern, oder ist die Zukunft unwiderruflich vorbestimmt?

SCHRECK-01Liebhaber des phantastischen Genres können bei diesem Kleinod bedenkenlos zugreifen, zumal die Präsentation von Wicked-Vision Media exzellent ist. Erschienen ist DR. TERROR´S HOUSE OF HORRORS sowohl in verschiedenen Mediabook-Varianten als auch in einer Standardausgabe. Erwähnenswert ist zunächst die Qualität des Bildes, hierfür lag eine aufwändige Restauration auf Basis des Originalnegatives vor. In solcher Pracht war der Film sicherlich nie zuvor zu sehen. Der englische und der deutsche Kinoton sind in Mono, durchweg klar verständlich und für das Alter erstaunlich frisch und dynamisch. Liebhaber von Synchronisationen erhalten zudem einen besonderen Bonus, denn auf der Blu-ray finden sich zwei deutsche Synchronfassungen. Zum einen die zeitgenössische Synchronisation des Rank-Filmverleihs, die den wunderbaren Charme vergangener Kinotage verströmt. SCHRECK-Plakat-2Aber auch die 1994 für die ARD entstandene Neusynchronisation, mithin mittlerweile selbst schon historisch, ist sorgfältig bearbeitet und bietet in jeder Hinsicht herausragende Sprecher, die großteils bereits zur Entstehungszeit der Erstsynchronisation tätig waren. Dem Film auf der Blu-ray vorangestellt ist ein humoriges Videovorwort von Rolf Giesen, der sich mit Charme selber auf die Schnippe nimmt. Giesen steuerte wiederum mit Uwe Sommerland einen Audiokommentar bei und ist im Textteil des Mediabooks mit einem ausführlichen filmhistorischen Essay vertreten. Auch Regisseur Freddie Francis kommt zu Wort, er ist ebenfalls mit einem Audiokommentar vertreten. Überraschenderweise findet sich in der Edition auch eine neue, knapp einstündige Dokumentation namens „House of Cards“, die hochdetailliert auf die Produktionshintergründe eingeht und alleine schon den Kauf der Blu-ray rechtfertigen würde. Nostalgiker erhalten die Möglichkeit, die originale 35-Millimenter-Kinofassung anzuschauen. Die Betrachtung derselben ist ein besonderer filmästhetischer Genuss, der einem bewusst macht, was die Faszination einer Kinoprojektion in vordigitalen Zeiten einst auszeichnete. Der Zauber der Projektion, die Magie eines sich durch Licht und Filmkörnung aufbauenden Bildes macht den besonderen Reiz, gerade bei solcherart Filmen, aus. Im umfangreichen Bonusmaterial finden sich weiterhin diverse Trailer, Titel- und Endsequenzen, Programmhefte und noch vieles mehr. Das nötigt Respekt ab und zeigt, mit welcher Liebe und Detailversessenheit Wicked-Vision Media arbeitet.

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Dr. Terror´s House of Horrors, Großbritannien 1964, R: Freddie Francis, D: Peter Cushing, Christopher Lee, Michael Gough, Jennifer Jayne, Bernard Lee, Roy Castle, Donald Sutherland u.a.

Anbieter: Wicked-Vision Media