Frankensteins Höllenbrut

Frankensteins Höllenbrut

Von Guy Montag

„Back to the roots – with less effort!“ muss Produzent Tomoyuki Tanaka wohl als Mantra an seine Mannen ausgegeben haben, als es an die Produktion von FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT ging. Denn so ziemlich alles, was ihm am Vorgängerfilm FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER (1971) missfiel und er dort krankheitsbedingt nicht mehr verhindern konnte, warf man hier über Bord und kehrte zurück zum Godzilla-Strickmuster der späten 1960er Jahre – für möglichst schmales Geld allerdings. HÖLLENBRUT-CoverWar dem Produzenten die Herangehensweise von Regisseur Yoshimitsu Banno beim Vorgänger zu esoterisch und psychedelisch, so konnte er sich bei Jun Fukuda sicher sein, dass es hier ums ‚grobe Ganze‘ geht und dieser den Film locker zu einem Sieg nach Punkten bringen würde. Fukuda blieb nichts schuldig, denn ihm gelingt es, aus der beschränkten und mit viel stock-footage auskommenden Produktion das Maximum an Unterhaltung herauszuholen. Dass die Shōwa-Staffel, trotz eines mehrfach durchgearbeiteten Drehbuches von Altmeister Shinichi Sekizawa, bereits an Auszehrungserscheinungen litt und sich redlich am Wiederholen von Erprobtem abarbeitete, sollte man jedoch nicht ganz unerwähnt lassen.

Wie kostenschonend gearbeitet werden musste, lässt sich für den Soundtrackkenner auch anhand der Tonspur bemerken. Denn auch bei der Filmmusik dampfte man ein und wiederverwertete bereits existente Musiken vom legendären Akira Ifukube, die sich jedoch wiederholt perfekt auf die Szenerien legten und außerdem noch mit einem poppigen, den Film beschließenden Godzilla-Song veredelt wurden.

HÖLLENBRUT-02Vom Grunde her zeigt FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT jedoch noch stärker den Versuch, möglichst viele einst relevante Themen auf einen Nenner und im Sinne eines maximierten Publikumsinteresses unter einen Kimono zu bringen. Was damals noch in den Kinderschuhen steckte und für europäische Zuschauer so gut wie unbekannt gewesen sein dürfte – die speziell asiatische Unterform der Comiczeichnungen, sog. Mangas – wurde in Gestalt der zeichnenden Titelfigur Gengo (Hiroshi Ishikawa) thematisiert, ebenso wie die die aufkeimende Emanzipation der holden Weiblichkeit. Für das kindgerechte sorgte der titelgebende Vergnügungspark, in dem sich statt einer Micky Mouse ein lebensgroßer Godzilla-Tower wiederfand, während das erwachsene Publikum durch die Antipoden der Story angelockt werden sollten: die wachsende Umweltverschmutzung hat die Erde für aus dem Weltall zugereiste Käfer lebenswert gemacht, die sich nunmehr toter Menschenkörper bemächtigen um ihren perfiden Plan der Unterjochung umzusetzen. Die bunt gewürfelte Menschentruppe aus Hippies stellte auf das jugendliche Publikum ab, gleiches galt für die poppigen Farbkombinationen in Kostümen und Sets. Dass dennoch das Fernsehen mit seiner Monster- und Superheldenschwemme den Toho-Kinogiganten zusehends das Wasser abgrub, darf als Treppenwitz der Geschichte ausgelegt werden.

Bei allen Kaspereien, bei allem Sinn, einen möglichst breiten Fächer auf die Geschmacksrezeptoren der Kinogänger abzufeuern, darf nicht vergessen werden, dass es sich nominell noch immer um einen Monsterfilm handelte. Und auch wenn Fukuda viele Schnittreste aus älteren Jahrgängen verwenden musste, so ließen ihn seine Special-Effects-Leute auch bei FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT nicht im Stich: denn sein neues Material atmet in den besten Momenten – fast ungewöhnlich für Fukuda – mit der dunklen Ästhetik den Charme alter Inszenierungen seines Lehrmeisters Honda und macht auch in den bewusst campy arrangierten Kämpfen eine gute Figur.

HÖLLENBRUT-01Anolis legt mit dieser Veröffentlichung einen weiteren Teil seiner beispielhaften Kaiju-Collection vor. Das wertig-massive Metalpack fasst zwei DVDs, wobei die erste Scheibe neben der ungekürzten japanischen Kinofassung (sowohl mit Originalton als auch der deutschen Synchronisation) zwei mit Fakten gespickte Audiokommentare enthält: wer nach dem Informationsoverkill des unterhaltsamen Kaiju-Gespanns Jörg Buttgereit und Bodo Traber – hier tatkräftig unterstützt von Alexander Iffländer – noch nicht genug hat, kann sich an den Ausführungen Florian Bahrs ergötzen. Der japanische Trailer sowie eine umfangreiche Bildergalerie mit japanischen und internationalen Motiven runden diese DVD ab. Auf der zweiten Scheibe finden sich die separat abgetastete, bereits zeitgenössisch um einige Minuten gekürzte deutsche Kinofassung mit entsprechender, zeittypisch flapsiger Synchro (Sprecher sind u.a. Legenden wie Thomas Danneberg, Almut Eggert, Rainer Brandt, Gerd Martienzen, Christian Brückner, Wolfgang Völz und Marianne Lutz), ein Audiokommentar von Thorsten Rosemann, der deutsche Kinotrailer sowie eine Bildergalerie mit deutschen Aushangfotos und Plakaten. Ein kenntnisreiches und bunt bebildertes, 20-seitiges Booklet von Ingo Strecker beschließt das opulente Paket, das kaum Wünsche offen lassen und von den Fans sicher honoriert werden dürfte!

Ach ja, was waren das für Zeiten – als Monster noch aus Fleisch, Blut und schlecht sitzenden Gummianzügen waren. Als man sich im jugendlichen Alter in die Nachmittagsvorstellung der Japan-Monsterstreifen drückte, als die Fanfare von Constantin-Film noch wüste Tokio-Zerstörungsorgien einleiten durfte. Also die Retro-Brille aufgesetzt, den Naiv-Regler auf Anschlag … und Spaß haben. Klatscht Freunde, Godzilla kommt!

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Chikyū kogeki meirei: Gojira tai Gaigan, Japan 1972, R: Jun Fukuda, D: Hiroshi Ishikawa, Yuriko Hishimi, Minoru Takashima, Tomoko Umeda, Kunio Murai, Haruo Nakajima

Anbieter: Anolis Entertainment