Die Lügen der Sieger

Die Lügen der Sieger

Von Gnaghi

Berliner-Schule-Auteur Christoph Hochhäusler (UNTER DIR DIE STADT) erstellt ein sprödes Paranoia-Porträt von manipulierten Medien. Durch abstrakten Stilwillen kann sich DIE LÜGEN DERR SIEGER nicht recht zu einem Polit- bzw. Ökothriller durchringen, sondern führt eine Spur zu schmal und vage vor, welche lebensgefährlichen Folgen für einen Reporter auftreten, der zu tief in ein Netz aus Täuschung und Lügen gerät.

die.luegen.der.sieger.2014.coverFabian, aufstrebender Redakteur im Berlinbüro des Nachrichtenblatts „Die Woche“, enthüllt durch seine Volontären Nadja einen Giftmüll-Skandal, in den die Bundeswehr verwickelt ist. Keiner ahnt, dass sie von der Industrielobby manipuliert werden und sie nur Marionetten dubioser Politinteressen sind.

Die Spannung vermittelt sich eher durch die Fasson denn den Inhalt. Was sich da zusammenfügt, wäre packender, wenn Hochhäusler die Verbindungen nicht absichtlich unscharf lassen würde. So bleiben ein Bundeswehr-Skandal um Verklappungen in Masar-e Scharif, ein durch psychogene Toxine verursachter Suizid, falsch deklarierte Giftmüll-Importe und eine Lobbygruppe, die überwacht und beeinflusst, recht diffus.

Statt eines reinen Fakten- und Recherche-Thrillers wie DER BLINDE FLECK – gewissermaßen auch IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS, von US-Seite zuletzt KILL THE MESSENGER – will Hochhäusler eine Fusion aus Pakulas DIE UNBESTECHLICHEN und Coppolas DER DIALOG. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht: Die Enthüllungen fügt Hochhäusler gar nicht schlüssig zusammen, ihn interessiert mehr, wie Medien zu Marionetten werden.

die.luegen.der.sieger.2014.stillDafür geht er aber zu angestrengt locker und kühl verspielt vor, gleichzeitig zu abgehoben mit künstlich anmutender Kadrage. Das redet und filmt enervierend lange um den heißen Brei herum und tut sehr mysteriös-konspirativ. Zugleich bedient es sich fader Genre-Elemente, etwa Florian David Fitz (JESUS LIEBT MICH) als verschuldeter Zocker und Einzelgänger. Das überflüssige Verhältnis mit seiner Volontärin ist der Qualität ebenfalls abträglich.

Dass die Figuren nicht immer zufriedenstellend geraten und oft Worthülsen aufreihen, liegt auch darin begründet, dass hier eine Meta-Ebene, eine Reflexion über Macht und ihre Marionetten, eröffnet wird. Gekaufte Journalisten? Es geht viel besser: Per Spyware und Überwachung instrumentalisieren Hinterzimmer-Drahzieher die ahnungslose Presse, die, selbst wenn sie Lug und Trug durchschaut, mitspielen muss.

Gerade da aber ist der sonst so authentisch im Redaktionsbetrieb und Medienmilieu verankerte Film überaus nachlässig und unplausibel – Quellen werden nicht geprüft und journalistische Standards vernachlässigt. Wenn am Ende ein industriefreundlicher EU-Gesetzentwurf vom Parlament abgenickt wird, steht ein ernüchterndes Fazit an, das viel mehr trifft als die nie wirklich konkret vollendete Story um dunkle Machenschaften.

Erschienen auf Komm & Sieh

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Die Lügen der Sieger, Deutschland/Frankreich 2014 | Regie: Christoph Hochhäusler, Buch: Ulrich Peltzer, Christoph Hochhäusler | Mit: Florian David Fitz, Horst Kotterba, Lilith Stangenberg, u.a. | Laufzeit: 112 Minuten, Verleih: NFP (Kinostart: 18.06.2015).