Aus dem Archiv: Joe D'Amato im Gespräch

Aus dem Archiv: Joe D’Amato im Gespräch

Interview: Axel Estein und Thomas Schweer

Wie bist Du ins Filmgeschäft eingestiegen?

Ich arbeite seit 45 Jahren beim Film. Schon mein Vater war Techniker in der Filmindustrie und im Alter von fünfzehn Jahren war ich bereits Kamera-Assistent. Davor war ich Standphotograph, Kabelträger und Elektriker. Später brachte ich es dann zum Chefkameramann, Regisseur, Produzent und Verleiher. Jetzt mache ich alles.

Du bist in einer Künstler-Familie aufgewachsen?

Sie war nicht wirklich künstlerisch ambitioniert, eher technisch. Mein Vater hat zum Beispiel als Beleuchter begonnen. Mein Bruder ist auch im Filmgeschäft, und sogar mein Sohn ist inzwischen Chefkameramann.

Bei welchem Film hast Du erstmals die Kamera übernommen?

Das war PELLE DI BANDITO, der in Sardinien gedreht wurde. Er handelt von dem Gangster Graziano Messina.

Ein politischer Film?

Nein, nicht politisch, aber sehr unkommerziell, mit Kunstanspruch.

Bei einem Deiner ersten Filme DEATH SMILED AT MURDER (Die Mörderbestien) hast Du mit Klaus Kinski gedreht. Wie war die Zusammenarbeit mit ihm?

Ich habe, soweit ich mich erinnere, zwei oder drei Filme mit ihm gedreht. Er ist ein sehr professioneller Schauspieler. Und er hat sich sehr vertieft in seine Rollen, weil ihm bestimmte Charaktere vorschwebten, die er realisieren wollte.

Das wundert uns, denn in allen Boulevard-Blättern liest man immer wieder, keiner könne mit ihm auskommen, er sei sehr kompliziert.

Sicherlich ist das heutzutage so. Ich habe vor über 16 Jahren mit ihm zusammengearbeitet, aber jetzt ist er ein Star und hat sich verändert. Große Probleme hat ja Werner Herzog mit ihm, der viele Filme mit Kinski gedreht hat. AGUIRRE ist für mich übrigens einer der besten Filme, die ich je gesehen habe.

Bei Deinem DEATH SMILED AT MURDER hatten wir das Gefühl, daß Du stark von Argento beeinflußt warst.

Eher von Mario Bava, besonders was die Kameraführung anbelangte. Denn damals wußte ich noch nichts von Argento und hatte keine Ahnung, ob er einen Horrorfilm gedreht hatte, bevor ich das tat. Aber Bava hat mich sicherlich inspiriert, weil ich auch mit ihm gearbeitet habe – als Kameramann bei HERCULES IN THE CENTER OF THE WORLD mit Christopher Lee. Und ich habe ganz zu Anfang meiner Karriere mit dem Vater von Mario Bava, der für Special Effects im Film zuständig war, die Anfangs- und Endtitel von Filmen gestaltet. Damals wurde die Buchstaben der Namen noch von Hand ausgeschnitten, und das machte ich.

Dein DEATH SMILED AT MURDER war für seine Zeit ziemlich brutal.

Ja, ich wollte die Leute schockieren.

War der Film ein Erfolg?

Nein, nicht gerade besonders. Das lag vielleicht daran, daß das Publikum noch nicht für solch eine Art von Film bereit war.

Der Film ist auch sehr merkwürdig: Irgendwie kann man der Story nicht ganz folgen. Hast Du den Film ohne Drehbuch gedreht?

Nun, das Script war nicht sonderlich gut. Ich änderte einiges beim Drehen. Trotzdem hat der Film immer noch sehr viele Löcher.

Etwas zu Deiner Kameraführung: Da gibt es ja immer wieder gute Einstellungen und Fahrten, wie zum Beispiel bei L’ANTICHRISTO von Alberto de Martino…

…ja, ich bin ja auch ein guter Kameramann (lacht). Nein, mir macht das Spaß, mit der Technik zu spielen. Vielleicht bin ich auch deshalb kein so guter Regisseur, weil ich mich so in die Technik vertiefe, aber das sei jedem selbst überlassen.

Deshalb machst Du also immer einen Großteil der Kameraführung bei Deinen Filmen selbst?

Ja, bei allen Filmen, die ich inszeniere, mache ich auch die Kamera.

Aber bei ANTHROPOPHAGUS ist im Titel zu lesen, daß Enrico Biribicchi als Kameramann fungierte.

Das hat rechtliche Gründe, denn es gab Zeiten, da durfte man nicht zuviele Sachen in einem Film wegen der Gewerkschaft alleine machen. Deshalb steht Enrico Biribicchi im Vorspann.

Darum auch so viele Pseudonyme?

Ja, das ist unter anderem ein Grund dafür. Aber als ich mich Joe d’Amato nannte, steckte auch die Überlegung dahinter, daß dies ein erfolgsversprechender Name ist. Es ist eine italo-amerikanische Kombination, wie Brian de Palma, Martin Scorcese.

Wie bist Du auf den Namen gekommen?

Den habe ich in irgendeinem Kalender gelesen (lacht).

Wie bist Du eigentlich damals auf die BLACK EMANUELLE-Tour mit Laura Gemser gekommen?

Das war so: Erstmal gab es den originalen, französischen EMANUELLE-Film, und der hatte richtig Geld gemacht. Und so dachten wir, das können wir auch machen … und haben einfach nur ihre Hautfarbe verändert.

Später gab es ja dann Verknüpfungen mit dem Kannibalen-Film bei EMANUELLE E GLI ULTIMI CANNIBALI (Nackt unter Kannibalen). War der ein Erfolg?

Ja, ein sehr großer. Alle BLACK EMANUELLE-Filme machten gutes Geld.

Welche Überlegung stand hinter diesem Film?

Ich wollte ‚mal was anderes einbringen, denn ich hatte bereits EMANUELLE ORIENT REPORTAGE, EMANUELLE IN AMERICA usw. gedreht. Nun, wollte ich was ändern und bin auf die Geschichte mit den Kannibalen gekommen, die ich dann einfach mit dem EMANUELLE-Thema gemischt habe.

Der Film war ziemlich hart…

Habt Ihr den gesehen?

Natürlich!

(Schallendes Lachen) Den Großteil des Films habe ich in der Nähe von Rom gedreht. Wir haben einfach alle Phillipinos, die wir in Rom finden konnten, zusammengetrommelt … (lacht) … Viele denken, der Film ist am Amazonas entstanden. Wir drehten an einem See, mit Palmen und so … sieht eben nach Amazonas aus. Wir holten uns Touristen aus dem Orient, die in Rom Urlaub machten, bezahlten sie für eine Woche …

Ausgesprochen clevere Arbeitsweise!

(Krümmt sich vor Lachen).

Und die Szenen in New York habt Ihr, Du und Laura Gemser, schnell zu zweit ‚runtergekurbelt?

Ähm … ich glaube, zwei oder drei andere Leute waren schon noch dabei.

Am Anfang ist das die Skyline von New York oder Rom?

(Kommen fast die Tränen) Nein, nein, das ist ausnahmsweise wirklich New York.

Wer hat die Bluteffekte gemacht?

Meistens mache ich das. Ich mag es sehr, diese Dinge selbst in die Hand zu nehmen. In EMANUELLE E GLI ULTIMI CANNIBALI habe ich alle Effekte gemacht.

Du bist ein richtig kleines Ein-Mann-Team.

Ja, ich mache alles gerne selbst. Ich liebe es, meine Filme so zu machen. Ich möchte mich nicht als Regisseur zurücklehnen, Befehle geben und die ganze Zeit nur warten. Jeder meiner Film ist eine Art Sohn für mich, den alles entsteht aus meinen Händen.

Das ist auch sehr viel billiger.

Ja, es ist billig und sehr viel interessanter für mich.

Das erinnert uns an Jess Franco, der auch immer ziemlich viel alleine macht. Magst Du seine Arbeit?

Ja, einige seiner Film gefallen mir … ein paar … Ich mag Roger Corman, der hat, als er angefangen hat, auch viel selbst gemacht, hat die Negative von einem Labor ins andere geschleppt.

Wir haben Dich das wegen Franco auch gefragt, weil es Paralellen zwischen Deinem und seinem Werk gibt: die Vorgehensweise und die Faszination für den Nudismus.

Ja, ich mag nackte Körper, weil die sehr kommerziell sind; deshalb mache ich erotische Filme. Wenn Ihr Euch hier so umschaut auf dem MIFED, dann werdet Ihr sehen, daß die Leute immer stehen bleiben, wenn irgendwo eine Fick-Szene zu sehen ist. Sex ist einfach kommerzieller als alle anderen Sachen.

Und der Markt hat sich nicht verändert?

Nein, es ist immer noch der beste Weg, Geld zu verdienen.

Gab es Anfang der 70er Jahre nicht Probleme mit Sex-Filmen?

Ja, es kam zu Auseinandersetzungen mit der Zensur, aber gerade dann wurde es ja besonders kommerziell, weil es jeder sehen wollte.

War damals Hardcore-Sex in Italien verboten?

Der ist bis heute noch nicht legalisiert, aber zugelassen. Das war so: Als das noch anrüchig war, wollte es jeder sehen. Jetzt, wo man das überall sieht, hat der Markt wieder abgenommen. Ich spreche jetzt nur vom Hardcore, mit dem Softsex war das nicht so. Hardcore ist kein gutes Geschäft mehr.

Du hast aber auch eine Menge Hardcore-Filme gedreht?

Ja, das war zu der Zeit, als diese Filme gerade zugelassen worden waren. Für vier Jahre war das dann ein Geschäft. Ich habe diese Filme von 1978 bis ’80 gemacht, danach war das Geschäft schon nicht mehr so gut.

In manchen Filmographien steht aber, daß Du auch noch in den 80er Jahren Pornos gedreht hast, z. B. einen Film namens PORNO HOLOCAUST?

Nein. Das läßt sich so erklären: Manche Verleiher haben einfach Hardcore-Szenen in meine Filme eingefügt, um sie besser zu verkaufen. Viele Leute haben mich schon auf diesen BLUE PORNO HOLOCAUST angesprochen. Im Original ist das ein softer Film, der LE NOTTI EROTICHE DEI MORTI VIVENTI (In der Gewalt der Zombies) heißt.

Zurück zu Deinen echten Pornos: Gerard Damiano z. B. bezeichnet seine Hardcore-Filme als zum Teil auch extreme Ausdrucksform der Kunst. Trifft das auch auf Dich zu?

Nein, für mich ist das alles nur Geschäft. Aber, wer ist dieser Gerard Damiano? Wer versteckt sich hinter diesem Namen?

Das ist der Mann, der Klassiker wie DEEP THROAT oder THE DEVIL IN MISS JONES gedreht hat…

Ah ja, ich habe DEEP THROAT damals in Amerika gesehen, als ich einen Film für Alberto de Martino gedreht habe, an dessen Titel ich mich nicht mehr erinnern kann. Das war so ein Mafia-Film, den wir in der Nähe von San Francisco gedreht haben, und nach der Arbeit habe ich mir DEEP THROAT angeschaut. Ich denke, das ist alles nur Geschäft – auch dieser Film. Selbst ein Gerard Damiano kann mir nichts von Kunst in diesem Buisiness erzählen, das ist nur ein fadenscheiniger Vorwand, mit dem er sich rechtfertigen will. Es hat nichts mit Kunst zu tun, einen Porno zu drehen.

Das erstaunliche an Deinen Pornos war, daß sie eine richtige Storyline hatten. In den anderen Pornos, vor allen Dingen denen der späten 80er, wurde doch nur noch ein Fick an den anderen gereiht.

Ja. Der erste Porno, den ich gedreht habe, hieß SESSO NERO. Schon da habe ich versucht, obwohl es ein Hardcore-Film war, eine Geschichte zu erzählen. Das habe ich bei all diesen Filmen gemacht, doch die meisten Verleiher fanden das nicht kommerziell genug, schnitten die Handlung raus und ließen nur noch die Ficks drin. Das ist auch ein Grund, weshalb das für mich keine Kunst ist, denn die Leute, die sich diese Filme angucken, wollen nur Ficks sehen und keine Story. Das ist für mich kein besonders interessantes Gebiet gewesen.

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In Deinem CALIGULA – THE UNTOLD STORY gibt es sogar Szenen mit Tiersex.

Ja, hier habe ich zwei Versionen gedreht. Eine war richtig hart, wie Tinto Brass‘ Film, bei dem der Produzent ja auch eine Hardcore-Version für den Export gemacht hat. Die Fassung wurde in Italien nicht gezeigt; die habe ich nur für die anderen Länder gedreht.

Du hast damals auch zwei Mondo-Filme gedreht, die sich sehr ähneln. Der eine war EMANUELLE E LE NOTTI PORNO NEL MONDO mit Laura Gemser, der andere FOLLOW ME mit Amanda Lear.

Ja, denn wir hatten ein ziemlich großes Paket von Dokumentar-Filmen gekauft.

Du hast die Szenen also nicht selbst gedreht?

Nein, das war alles aufgekauft worden. Ich mußte also nur noch Verbindungsstücke mit Laura Gemser und Amanda Lear drehen.

Wie bist Du auf Luigi Montefiori alias George Eastman gekommen?

Ich lernte ihn auf dem Set eines Films kennen, bei dem ich die Kamera führte. Wir wurden gute Freunde. Er wollte Drehbücher schreiben, und so arbeiteten wir zusammen.

Er hat für viele Deiner Filme das Drehbuch geschrieben.

Ja, auch jetzt sitzt er wieder an einem für mich.

Was hälst Du von seinem Regie-Debüt METAMORPHOSIS (Lizard)?

Es ist ganz nett. Ich meine, das ist sein erster Film. Vielleicht hat er noch nicht genug Erfahrung darin, aber der Film ist doch ganz nett, habt Ihr den gesehen?

Ja, jedoch nur die englische Fassung, die wahrscheinlich auf einer harmlosen Zweit-Version basiert.

Wir haben bei METAMORPHOSIS aber nur eine Version gedreht. Bestimmt ist die englische nur geschnitten. Wir haben nur eine ‚harte‘ Fassung gemacht. Ich hielt den Film nämlich nicht für so grausam, daß man gleich zwei Versionen drehen mußte.

Ist das nicht die übliche Politik von ‚FILMIRAGE‘, zwei unterschiedlich harte Fassungen zu drehen?

Eigentlich nicht, aber manchmal liefern wir zwei Fassungen. Bei DELIRIA (Aquarius Theater des Todes) war das so.

KILLING BIRDS?

Nein, da haben wir nur eine Version gedreht. Gelegentlich wird die Musik geändert, die Japaner und auch andere Verleiher wollen das manchmal. Es ist nämlich kein Kunst-Produkt, was ich da mache, sondern reines Geschäft. Und da kann man nicht sagen, daß man solche Änderungen in seinen Filmen nicht will.

Es geht Dich also nicht an, was mit Deinen Filmen passiert, nachdem sie verkauft sind?

Normalerweise schon, aber es ist unmöglich, das zu kontrollieren.

Ist es eigentlich wahr, daß Du Szenen von DELIRIA gefilmt hast?

Nein, ich war nur der Produzent. Michele war damals mein Assistent, und wenn ich jetzt die Kamera für ihn gemacht hätte, wäre das keine gute Zusammenarbeit geworden. Wenn ich einem jungen Regisseur die Chance geben will, dann halte ich mich aus seinem Film heraus. Ich möchte ihn nicht unter Druck setzen.

Wie war das mit KILLING BIRDS, den Du ja auch streckenweise inszeniert haben sollst?

Ja, da habe ich einige Szenen gedreht. Der Regisseur Claude Milliken, in Wirklichkeit heißt er Claudio Lattanzi, war jung und nicht besonders gut. So mußte ich letztendlich ein paar Szenen drehen, um den Film etwas besser zu machen, obgleich er mir immer noch nicht gefällt, was vielleicht auch an der Grundidee des Films liegt.

Zu den Pseudonymen: In den 50er und 60er Jahren benutzten viele italienische Regisseure amerikanische Namen, um z. B. mit ihren Spaghetti-Western in den internationalen Markt zu stoßen. Mittlerweile dürfte sich die italienische Filmindustrie aber ihrer Qualitäten bewußt sein. Wieso also immer noch diese Pseudonyme, wo doch jeder weiß, daß das kein amerikanischer Film ist?

Das glaube ich nicht, die Verleiher wissen das vielleicht, aber die Leute, die ins Kino gehen, wollen nur den Film sehen. Und es ist doch so: Die italienische Filmindustrie hat viele nette Filme hervorgebracht, aber auch eine Menge Scheißfilme. Die Leute wissen das, und wenn Du ihnen das unter amerikanischen Namen verkaufst, sind sie nicht so sicher, denn die Amerikaner drehen so viele Filme. Würde ich meine Filme unter dem Namen Aristide Massaccesi verkaufen, wüßten sie sofort, wo die herkommen.

In einer Ausgabe der italienischen Kinozeitung ‚CIAK‘ war etwas von einem IN QUELLA CASA DI BUIO OMEGA zu lesen. Ist das ein zweiter Teil zu BUIO OMEGA (Sado)?

Nein, nur ein anderer Titel, denn BUIO OMEGA war nicht so erfolgreich in Italien. Da haben wir ihn nach dem großen Erfolg von LA CASA (Evil Dead) nochmal mit diesem Titel gestartet.

Wo wir auch schon bei Deiner besten, explizitesten Arbeit sind: BUIO OMEGA hinterläßt den Eindruck, daß Du irgendwie ziemlich extreme Vorstellungen von dem, was man in Filmen zeigen kann, haben mußt. Der Film bricht, wie auch ANTHROPOPHAGUS, einige Tabus.

Also (lacht), ich bin wirklich nicht pervers. Ich habe das nur gemacht, um die Leute ‚mal zu schockieren.

Wir wissen, daß es nicht so ist, aber um endlich mit einem hartnäckigen Gerücht aufzuräumen: Viele Leute meinen, Du hättest eine echte Leiche …

(Unterbricht heftig) Nein, nein … das ist nicht wahr. Alles nur Effekte. Ich habe mir einfach beim Fleischer nebenan ein paar Tierinnereien gekauft. Das mit der Leiche ist nicht wahr, nichts daran ist echt. Das ist es auch, was ich mag, wenn ich solche Szenen drehe: Daß die Leute schreiben, sie wären so realistisch, und ich weiß, daß sie es eben nicht sind. Das gleiche mit dem Kannibalenfilm, von dem alle glauben, er sei am Amazonas gedreht. In Wirklichkeit ist er, wie ich es ja Euch bereits erzählt habe, in der Gegend um Rom entstanden. Ich mag es halt, daß Publikum … na, Ihr wißt schon, was ich meine (lacht).

Wie hast Du die Embryo-Szene in ANTHROPOPHAGUS realisiert?

Das war ein Hase (lacht), dem wir das Fell abgezogen hatten … (lacht) … Ich freue mich immer wieder, wenn die Leute das für echt halten. Bei solchen Filmen ist man immer auf der Suche nach Szenen, die das Publikum richtig schockieren sollen. Wenn das funktioniert, habe ich erreicht, was ich wollte.

Aber danach hast Du noch ANTHROPOPHAGUS 2 (Absurd) gedreht und dann nur noch vergleichsweise harmlose Filme gemacht.

ABSURD habe ich nur so genannt, weil sich ANTHROPOPHAGUS so gut verkauft hatte. Dann war die Zeit für diese Filme schon wieder am Ende. Ich bin eben kein Künstler, sondern ein Geschäftsmann.

Trotzdem sind Deine Filme in ihrer Art künstlerisch, weil sie auch so konsequent sind.

Ich liebe es, Filme zu drehen, gehe aber sehr professionell vor und folge dem, was die Leute sehen wollen. Ich mag Horrorfilme sehr, weil soviel Technik in ihnen steckt. Das ist der einzige Grund, nicht weil ich irgendwas aussagen will.

Wann gibt es denn den nächsten Horrorfilm von Joe d’Amato?

Ich bereite gerade einen neuen vor. Der Titel ist RETURN FROM DEAD. Es ist ein Zombie-Film. Erinnert Ihr Euch noch an PATRICK? Es ist eine Mischung aus dem und einem Zombie-Film. Es geht um jemanden, der im Coma liegt und sich dafür bei den Verantwortlichen rächen will mittels eines Toten …

Wird es ein Gore-Film?

Nun, wir müssen zwei Versionen drehen, glaube ich. Denn vor allen Dingen Deutschland stellt sich bei Gewalt quer. Der Film könnte dort sonst verboten werden. Die Leute wollen das einfach nicht sehen.

Die Deutschen wollen sowas schon sehen, bloß die Zensoren, das sind die Leute, die nicht.

(Schüttelt sich vor Lachen)

Gibt es wieder ein paar deftige Effekte?

Viele werden mit Elektrizität in Verbindung stehen, denn die Frau, die im Coma liegt, kommandiert den Zombie durch elektrische Strahlen. Auch die Morde werden so durchgeführt. Der Zombie nimmt z. B. zwei Kabelenden und hält sie dem Opfer an den Hals – ZISSCCHHH! – wie beim elektrischen Stuhl.

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Wann wird der Film gedreht?

Ich fange Ende November (’90) in Italien an, und drehe dann in Amerika weiter.

Hat Luigi Montefiori das Drehbuch geschrieben?

Nein, das ist von Michele Soavi.

Noch weitere Projekte in Planung?

Nach diesem Film werde ich zwei Erotik-Streifen drehen.

Was wir in Deiner Fortsetzung zu ELEVEN DAYS, ELEVEN NIGHTS (Elf Tage und Elf Nächte) vermißt haben, ist die wahrlich umsatzträchtig ausgestattete Hauptdarstellerin des ersten Teils Jessica Moore.

Sie wollte keine erotischen Filme mehr machen und ist inzwischen verheiratet. Ihr Mann ist eifersüchtig und möchte nicht, daß sie ihren Körper nackt präsentiert.

Ist sie eine amerikanische Darstellerin?

(Verschluckt sich fast) Sie ist eine Italienerin. Ihr wirklicher Name ist Luciana Ottavani … (lacht) … It’s a strange world, isn’t it?

In den 70ern warst Du ja unglaublich fleißig, hast bis zu zehn Filme im Jahr gedreht. Ist das heute immer noch so?

Zehn sind zuviel. Eher sieben oder acht. Letztes Jahr habe ich acht Filme produziert und inszeniert. Dieses Jahr (’90) nur drei – besser gesagt vier mit dem, den ich ja noch mache.

Wie bewerkstelligst Du das?

Ich habe Leute, die mich bei der Arbeit unterstützen. Ich habe eine Person für den Schnitt…

… Kathleen Stratton?

Ja, in Wirklichkeit heißt sie Rosanna Landi, aber sie änderte ihren Namen (lacht sich halbtot).

Die Post-Production machst Du also nicht?

Doch, sie bereitet nur alles vor, den Endschnitt mache dann aber ich.

Bleibt nicht viel Zeit, einen Film zu drehen. Vielleicht zwei Wochen?

Nein. Für manche Erotik-Filme brauche ich zwei bis drei Wochen. Für die Horrorfilme fünf bis sechs, weil manche Special Effects ein bißchen Zeit in Anspruch nehmen. So ist nicht viel Zeit für mein Privatleben übrig, aber ich liebe es nun mal, Filme zu drehen … I am a maniac for the movies!

Zuerst erschienen in Splatting Image #07, Juni 1991.