Clown

Clown

Von David McAllan

Als der ursprünglich bestellte Überraschungsclown absagt, zieht der liebende Familienvater und Immobilienmakler Kent ein solches Kostüm aus der Truhe eines leerstehenden Hauses an, um seinem Sohn die ersehnte Geburtstagsfreude zu bereiten. Nur um festzustellen, dass er es nicht mehr ausziehen kann und sich in eine blutrünstige Chimäre verwandelt.

clown.2014.coverKein Scherz: Das Horrordrama um Dummo the Clown ist kein Slasher-Trash mit Killer-Kaspern, sondern eine tragische Transformation, die ihre originelle Ausgangsidee (fast) bis zum bitteren Ende intensiv und emotional sensibel ausführt, ohne Schrecken und Blutzoll abzukürzen. Die nicht kafkaeske, vielmehr dämonische Verwandlung basiert auf einem Fake-Trailer, den Jon Watts und Christopher D. Ford 2010 ins Netz stellten.

Darin wiesen sie frech Eli Roth als Regisseur aus, woraufhin dieser, gemeinsam mit den Weinsteins, als Produzent tätig wurde (und einen Cameo absolviert). Im Ergebnis ist CLOWN eine kleine Perle ohne Feinschliff, verliert erst gegen Ende etwas, weil er immer mehr auf Versatzstücke zurückgreift. Somit ist der für rüde Exploitation berüchtigte Roth (HOSTEL, THE GREEN INFERNO) erstmals an einem guten Genrewerk beteiligt.

clown.2014.still2Sobald sich Kent (Andy Powers) als Clown verkleidet, kann er Anzug, Perücke und Schminke nicht mal mehr mit Säge, Messer und chirurgischen Instrumenten ablegen – es wird seine zweite Haut, genaugenommen die eines Dämons, so klärt ihn der zwielichtige Vorbesitzer auf (wie ein entflohener Irrenhauspatient: FARGO-Mörder Peter Stormare). Dessen rabiater Therapievorschlag: Enthauptung. Kent aber erwehrt sich seiner Haut.

Und irrt durch die Dunkelheit, während Körper und Identität sich wie im Cronenbergschen body horror DIE FLIEGE grauenvoll zu verändern beginnen: Die Metamorphose zum Monster, das versucht niemanden zu verletzen, aber Appetit auf Kinder entwickelt und derart auf sie losgeht, wie es sich der enttäuschende CAMP EVIL nicht so recht getraut hat. Einem Heath Ledger als Joker gleich versteckt er sich, das blutdurstige Nachtwesen.

clown.2014.still3Sogar ein Suizid schlägt auf vergleichbar heftige Weise zur Vampir-Agonie AFFLICTED fehl, derweil seine Frau Meg (Laura Allen) versucht ihren Gatten heimzuholen und zu retten, was von ihm übrig ist. So entsteht eine Familientragödie um einem Schmerzensmann, vergisst aber nie mit deftigen Gore-F/X von einem Fluch zu erzählen, den der Clown nur mit fünf Kindern als Opfergabe für das Teufelswesen durchbrechen kann.

Dessen Ursprünge reißt Watts historisch in der Figur des „Cloynes“ an, ebenso wie die aus Island importierten Dämonenhaut, die um Stormares Figur eine erschreckende Vorgeschichte aufweist. Videoaufnahmen des bedrohlich und beängstigend gestalteten Scheusals verströmen reinen Horror. Die fadenscheinige Slasher-Dramaturgie hingegen wird dem tricktechnisch wie gefühlsmäßig gelungenen Gestaltwandel weniger gerecht.

Why so serious? Der desorientierte, angsterfüllte Kent spuckt auf dem Weg zum Clown braunen Schleim, stinkt, fährt Krallen und spitz gebrochene Zähne aus, ein AMERICAN WEREWOLF, der nichts von der Ikonik eines Kingschen Pennywise aus ES hat, sondern zum verschlagenen Alp wird, dem man nicht trauen darf. Ein wenig EVIL DEAD steckt darin, ungekünstelt düster und so furchteinflößend wie zuletzt nur THE TAKING OF DEBORAH LOGAN.

clown.2014.still4Erschienen auf Komm & Sieh

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Clown, USA/Kanada 2014 | Regie: Jon Watts, Buch: Christopher D. Ford, Jon Watts | Mit: Andy Powers, Peter Stormare, Laura Allen, u.a. | Laufzeit: 100 Minuten, noch ohne deutschen Verleih.